Haust du bereits oder lebst du noch
Befindest du dich im Lebensloch
Und alles rauscht an dir vorbei

Stehst du ständig unter Strom
Vergreifst du dich immer mehr im Ton
Hast du eigentlich für nichts wirklich Zeit

Du fühlst dich wie im freien Fall
Du gibst niemand so richtig Halt
Und nichts bedeutet dir irgendwas, irgendwas

Dies ist das Lied zur guten Nacht
Zieh den Stecker raus
Wende dich an die Dunkelheit
Denn sie kennt sich aus

Deine Nerven rebellieren
Weil sie ein rauhes Dasein führn
Und Rücksicht ist ein leeres Wort
Du machst aus dir ne Achterbahn
Mit dir will keiner Schlitten fahrn
Und keiner teilt mehr mit dir sein Brot
Und langsam geht dir alles schief
Was gestern noch von selber lief
Ist heute nichts als Quälerei

Dies ist das Lied zur guten Nacht
Zieh den Stecker raus
Wende dich an die Dunkelheit
Denn sie kennt sich aus

Und gib ihr einfach deine Schuld
Dämonen, deine Pflicht
Fehltritte, deine Ungeduld
Und sie kümmert sich
Und sie kümmert sich

 

Herbert Grönemeyer über "Zur Nacht":

Der Versuch eines Schlaflieds. Das ist das Lied zur Guten Nacht, weil, die ist ja so gut. Was tut die einem Gutes, nämlich, dass man da abschalten kann. Das ist so ein bisschen das Spiel mit der Guten Nacht. Warum heißt die eigentlich die Gute Nacht? Da habe ich mal drüber nachgedacht. Was tut die eigentlich? In der kannst du alles geben. Generell, wenn du in diesem Wahn lebst, dann schließt das auch an „Kopf hoch, tanzen“ an. Es ist jetzt mal gut. Du wirst immer leerer. Du pumpst dich leer. Mach dich nicht kirre. Weil, du hast ja das Glück, es kommt die Gute Nacht, die nimmt dir alles weg, den ganzen Mist, der sich aufgestaut hat und auch deine eigenen Schuldgefühle. I don’t do guilt anymore, wie die Engländer so schön sagen. Aber auch der Versuch eines Schlaflieds. Ich hab noch nie eines geschrieben. Bei Konzerten habe ich dann immer „Der Mond ist aufgegangen“ gesungen. Die Musik bot sich auch an, weil es eine stille Ballade ist. Ich wollte jetzt nicht wieder ein Liebeslied schreiben. Ich dachte, es wäre auch ein schönes Gute-Nacht-Lied. Dann habe ich da rumgebastelt und zur Guten Nacht fand ich irgendwie gut. Sie kümmert sich auch. Der Abend, wenn man sich sagt, ist jetzt mal gut. Gerade die Platte hat extrem viele Nerven gekostet, alles, was da so dazu kommt. Dann habe ich mich abends immer gefreut und mir gesagt, jetzt hör auf und entspann dich mal. (…) Ich mach die Musik immer komplett fertig. Die muss sogar soweit fertig sein, dass ich keine Ausrede mehr habe, nicht zu texten. Das ist für mich ein extremer Kampf, jedes Mal. Ich kann mir vor einer Platte nicht vorstellen, dass ich überhaupt einen Text zustande kriege, weil es für mich jedes Mal so ein Berg ist, wo ich denke, diesmal kommst du wirklich nicht hoch. Das wird auch mit zunehmendem Alter nicht einfacher, ehrlich gesagt. Ich setze mir deswegen auch wie im Theater einen klaren Termin. Wenn ich keinen Termin zur Premiere hätte, der jetzt eben ist, dann würde ich eine Platte auch nie fertig machen. Dann hätte ich immer andere Sachen. Dann würde mir ständig was Neues einfallen. Ich würde neue Nummern schreiben. Ich würde quasi nie aufhören. So weiß ich, du musst fertig werden. Du musst texten, mit dem großen Risiko, dass du nur Grütze schreibst. Diesen Druck brauche ich einfach. Die Musik ist immer fertig, obwohl ich diesmal schon wesentlich früher angefangen habe, Themen zu sammeln. Ich merke, je älter ich werde, den Druck, den ich mir aufbaue, dass der an den Rand des Irrsinns geht. Es wird dann doch schwieriger. Früher habe ich dann doch im positiven Sinne naiver, Platten schneller gemacht, mir auch gar nicht mehr viele Gedanken gemacht. Deswegen sind so Lieder wie „Kopf hoch“, auch dieses Denken abzuschalten. Wie schaffst du es auch beim Texten nicht zu viel zu denken, dass du dich nicht verschraubst? Ich wollte der Platte auch eine Lebensfreude geben und sie hat viel Musik, ist dicht und hat aber auch etwas Leichtes. Außer vielleicht „Marlene“. Das ist sicherlich kein ganz einfaches Lied. Aber grundsätzlich denke ich, ist es sehr lebensbejahend. Das hier war immer ein Lied: Leg dich hin und jetzt ist gut.

 

148 Kommentare

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Rick

vor 18 Jahren / 129.
Zur Nacht gefällt mir klanglich ausgesprochen gut - keine übertönenden Instrumente, sondern alles mit Zurückhaltung, eben zur Nacht. Allerdings, und dass habe ich schon einmal geschrieben, stören mich manche Textpassagen, die ich auch nicht auf dem Konzert mit Zustimmung mitsingen würde. "Gib Dämonen deine Pflicht" zum Beispiel. Weiß jemand damit etwas anzufangen? Wenn ich Dämonen meine Pflicht gebe, bin ich entgültig verloren - ich gebe doch auch keinen Kriminellen meine Haustürschlüssel.
Übrigens, dieses Lied mit Ironie zu sehen, bringt viel mehr und wäre auch typisch Grönemeyer, auch wenn er es bei diesem Stück anders sieht.
Menschen, die nur noch auf Reserve laufen, und meinen, sie sind noch voll im Leben. Dann der Refrain: "Das ist das Lied zur guten Nacht, zieh den Stecker raus", dieser in der Stimme depressiv klingender Lösungsvorschlag(Singleversion) entspricht überhaupt nicht Grönemeyers Mentalität und schlägt deshalb umso mehr ein. Das es dann auf der Albumversion wirklich wie ein Schlaflied klingt und dann auch noch ernst gemeint so beabsichtigt ist, nimmt dem Stück seine Zweideutigkeit und damit auch seinen Reiz.
Gib Dämonen deine Pflicht ... und sie kümmern sich. Na dann: Gute Nacht!

Kopf hoch, tanzen!

vor 18 Jahren / 130.
Schon mal was von Interpunktion gehört, Rick?

Den Dämonen soll gar nichts gegeben werden. Vielmehr soll man seine Dämonen der Nacht (dem Abend) geben.

Schau dir die betreffende Strophe noch mal an:

und gib ihr (dem Abend) einfach deine Schuld
Dämonen, deine Pflicht
Fehltritte, deine Ungeduld
und sie (er) kümmert sich
und sie (er) kümmert sich

Siehst du die Kommata nach "Dämonen" und "Fehltritte"? Es handelt sich hierbei um eine Aufzählung! In einem fortlaufenden Text würde das dann so aussehen:

Und gib ihr (dem Abend) einfach deine Schuld, Dämonen, deine Pflicht, Fehltritte, deine Ungeduld, und sie (er) kümmert sich. Und sie (er) kümmert sich.

Ich hoffe, dass dir diese Erkenntnis die Freude an diesem wunderbaren Lied wieder zurückbringt und du es fortan vorbehaltlos mitsingen kannst

Rick

vor 18 Jahren / 131.
Vielen Dank für die Erkenntnis!
Obwohl ich die Texte immer aufmerksam lese, habe ich dieses Komma übersehen - kommt ja auch nicht so richtig im Lied zur Geltung. Alle Bedenken zurückgenommen. Die versteckte Ironie vermisse ich dennoch.

xxx

vor 18 Jahren / 132.
doch, das ist ein lied zum ausruhen....

Bömmel47

vor 18 Jahren / 133.
In diesem Liedtext erkenne ich mich wieder: komplett durchgeknallt von den Widrigkeiten des
Lebens, keine Zeit mehr für die wirklich schönen Dinge zu haben, es dreht sich alles nur noch um den Scheiß-Job !!!

kirsten40

vor 17 Jahren / 134.
ich find das lied einfach nur schön. ruhige klänge, die einen einfach wieder mal aus dem hektischen leben raus holen.

Nickiboy

vor 17 Jahren / 135.
Joh, zwar ein schönes, ruhiges, "romantisches" Lied, aber nicht das beste WERK von HERBIE gefällt mir aber trotzdem :-I

micha1981

vor 17 Jahren / 136.
ich würde ja die piano version gerne mal live hören, wobei ich auch sagen muss, dass die gitarren version live wunderschön ist

Stück vom Himmel

vor 17 Jahren / 137.
Richtig, ich würd auch gern mal die Piano Version Live hören ... Aber die Album Version ist ja auch nicht übel ...

Gruß Tobias

christian

vor 17 Jahren / 138.
mir ist gerade aufgefallen, dass herbert auf den konzerten (zumindest in stuttgart) die ursprüngliche textversion singt:

"und gib dem abend deine Schuld
Dämonen, deine Pflicht"

nicht wie auf dem album "gib ihr einfach..." (der dunkelheit) deine schuld. die albumversion stört mich jedesmal enorm, passt einfach nicht.

persönliches video

vor 17 Jahren / 139.
zur nacht kann als nachfolger vom mond super mithalten

B_A_A

vor 17 Jahren / 140.
sehr schöne Melodie, nur mich macht der Text immer etwas depri... ("deine Nerven rebellieren
weil sie ein rauhes Dasein führn
und Rücksicht ist ein leeres Wort
du machst aus dir ne Achterbahn
mit dir will keiner Schlitten fahrn
und keiner teilt mehr mit dir sein Brot
und langsam geht dir alles schief
was gestern noch von selber lief
ist heute nichts als Quälerei")

mag das Lied aber trotzdem

twingo

vor 17 Jahren / 141.
wunderschönes lied, wie ich finde.ruhig, entspannend, nachdenklich aber kein Muss zum Nachdenken. Der text is sehr toll und live is es auch irgendwas zwischen ruhig, deprimiert, und entspanennd.schwer zu sagen

Holger 43

vor 17 Jahren / 142.
Supersong, je öfter man es hört,um so besser wird es

Vetti

vor 17 Jahren / 143.
Gerade dieses Lied hat mir beim ersten Mal Album hören gleich gefallen.Find nix Deprimierendes dran, sondern seh den Text eher positiv. Abends alle Sorgen abgeben und dann gut schlafen und Kraft tanken, und morgens sieht vielleicht manches nicht mehr so schlimm aus.

Grinsekatze

vor 17 Jahren / 144.
Also Herbert schreibt ja irgendwo in seinen Songkommentaren dass er mit dem Song nur auf die Nacht anspielt, das ausruhen, der Erholungseffekt... aber jedesmal wenn ich dieses Lied höre empfinde ich es als sehr zweideutig... man könnte es auch vollkommen anders verstehen... zumindest in einer Depriphase... natürlich passt das nicht zu ihm... eigentlich... aber mir macht das Lied... naja Angst wär zuviel gesagt... aber in jedem Fall hin und wieder ein ungutes Gefühl und ich mag es nicht besonders Wenn ich auch sonst das ganze Album eigentlich fast noch besser finde als "Mensch"...

Ralph Schädler

vor 17 Jahren / 145.
...ja, zieht endlich mal den Stecker raus...

Luhtien17

vor 17 Jahren / 146.
Ich glaub das hat er nur für mich geschrieben, das ist mein Leben...

Chris@bo

vor 17 Jahren / 147.
danke für das geile Lied!

paigeepaige

vor 15 Jahren / 148.
Dies ist das Lied zur guten Nacht
Zieh den Stecker raus
Wende dich an die Dunkelheit
Denn sie kennt sich aus

YouTube Video anschauen
 

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