Ich halt die Luft an stundenlang
Ihr habt schon soviel getan
So viele Ideen entfacht
Ich hab oft nicht mal gedacht
Ihr habt jeden Film seziert
Und jedes Buch inhaliert
Alle Für und Wider getauscht
Jedes Problem verbal gelöst
Ich versteh
Ich versteh
Ich versteh nur was ich seh
Ich verstehe
Ich verstehe
Ich versteh nur was ich erleb
Es verläuft sich die Theorie
Sie kennt genau das Was und Wie,
Sie spricht nur, damit’s sie gibt
Sie verfliegt sonst ins Nichts
Ich versteh
Ich versteh
Ich versteh nur was ich seh
Ich verstehe
Ich verstehe
Ich versteh nur was ich erleb
Alles wurde schon mal erlebt
Man denkt genau, wie alles geht
Und kennt auch jeden klugen Spruch
Jeden Kniff und jeden Dreh
Lieber mal zu früh gefreut
Und einmal zuwenig bereut
Als bis zum Ende durchgeplant
Nimm die Meinung von der Wand
Ich versteh
Ich versteh
Ich versteh nur was ich seh
Ich verstehe
Ich verstehe
Ich versteh nur was ich erleb
Tief in mir drin macht alles irgendwie Sinn
Ich kanns keinem erklären, woher es entspringt
Es ist ein sicheres Gefühl, was mir beschreibt, was ich will
Ich folg auf dem Fuss, weil ich nichts weiss, aber muss
Ich versteh
Ich versteh
Ich versteh nur was ich seh
Ich verstehe
Ich verstehe
Ich versteh nur was ich erleb
Herbert Grönemeyer über "Ich versteh":
Das ist der Versuch über jemanden, der das Gefühl hat, er kann nicht mitreden und der aber nicht mitreden will bei den Debatten. Das kenn ich noch selber aus den Endsechzigern. Hattest du kein Hegel, Kant und Marx gelesen, warst du eh schon doof. Und heutzutage auch dieses alles Sezieren, man hat halt alles gesehen. Da gibt es auch Menschen, die sagen, ich bin vielleicht etwas schlichter, habe vieles auch nicht gelesen, aber grundsätzlich heißt das eben nicht, dass ich doof bin. Ich versteh wirklich nur, was ich ausprobiere. Jemand, der einfach eher daran glaubt, das Leben kennenzulernen, indem er es ausprobiert als es zu zerreden. Der Alex, mit dem ich zusammenarbeite, der zieht jetzt nach Berlin. Das war ganz interessant. Der sagt von seiner Sicht: Wenn du in Berlin mit Leuten abends ausgehst, dann sitzen die bis drei in der Kneipe oder im Restaurant, haben alles durchdiskutiert und gehen dann alle traurig nach Hause. In England ist das anders. Da redet man zwanzig Minuten über ein Thema, ernst und auch sehr argumentativ. Dann ist aber auch wieder gut. Dann geht man bestimmt nicht abends, weil man ein bestimmtes Problem nicht gelöst hat, traurig nach Hause. Das Leben besteht halt nicht aus Theorie, sondern das Leben besteht aus Praxis, aus gelebtem Leben und nicht geredetem. Das weiß ich von mir selber auch. Ich habe lieber etwas gemacht, auch wenn es nicht den größten ideologischen Unterbau hatte, aber es passierte eben was. So ist das auch mit Platten. Ich mach die halt. Letztendlich ist es das, was ich in dem Moment mache. Das geht dann auch nicht besser oder schlechter. Das ist so. Aus. Da kann ich hinterher auch nicht stundenlang debattieren, hätte ich noch, wollte ich noch, das hätte ich noch besser. Das bin jetzt nicht ich, nur weil ich hier „Ich“ singe, aber es sind Dinge, die ich unterschreibe. Den Text habe ich ziemlich spät nachts geschrieben und war am nächsten Morgen auch ganz verblüfft. Normalerweise schreibt man nachts irgendwelche Texte und denkt am nächsten Morgen: Mein Gott, was war das denn? Aber dieser hatte Bestand, war gut und passte auch auf die Nummer. Musikalisch ist das ein ziemlich einfaches Stück, eines der wenigen, was ganz dicht nur Alex und ich wieder gemacht haben, ähnlich wie „Mensch“. Er spielt Bass und hat programmiert, Armin spielt wohl noch Schlagzeug und ich Klavier. Ganz schnell und kurz entstanden. Ich mag die sehr gern, die Nummer.
Blondie
vor 17 Jahren / 30.