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Alt 27.01.2007, 06:07   #32
aussietrine
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aussietrine ist zur Zeit noch ein unbeschriebenes Blatt
AW: Gedanken rund um Gott, Religion und "Stück vom Himmel"

ich finde diese diskussion sehr spannend. ich lese den text naemlich nicht als einen angriff auf eine religion (groenemeyer nennt das christentum nie beim namen), sondern als eine aufforderung an uns alle, uns nicht hinter einem glauben zu verstecken, unsere handlungen nicht im namen eines gottes zu rechtfertigen und damit die religion fuer unsere zwecke zu missbrauchen. ich lese es als einen aufruf zu einem paradigmenwechsel: weg vom glauben in eine vorgefertigte ideologie, die von institutionen vertreten wird, die ihre eigene agenda haben; weg von konflikten, die im namen dieser ideologien immer blutiger werden; und hin zum pragmatismus, zur kooperation und zur kommunikation zwischen den menschen.

religionen teilen die menschheit und das ist total unproduktiv, da am ende wirklich niemand sagen kann, welches die 'echte', die 'wahre' religion ist. und ich teile die ansicht, dass religionen im prinzip alle versuchen, eine hoehere macht zu erklaeren. sie tun das mit geschichten und personen, die kultur- und epochenspezifisch sind und so ergeben sich die unterschiede zwischen den religionen. natuerlich muss jede religion darauf beharren, die 'richtige' zu sein, sonst wuerde sie ja ihre legitimation verlieren. aber diese exklusivitaet ist in der tat eine wurzel des uebels und deshalb kann in meinen augen religion keine loesung sein fuer probleme, die zunehmend global sind und die wir in unserer kapazitaet als 'menschen' angehen muessen; nicht als verschiedene individuen, die mehrfach zerteilt sind: in alt und jung, frau und mann, reich und arm, deutsche und amerikaner, christen und muslims, ... wir sind alle menschen und als solche muessen wir uns begegnen. das ist eine botschaft, die schon seit langem aus groenemeyers musik laut herausschallt! und die nicht immer gehoert wird in unserem alltagshandeln. wozu er uns in meinen augen aufruft, ist unsere differenzen zur seite zu schieben und endlich fuer alle lebewesen und fuer unser zu hause (die erde) verantwortung zu uebernehmen.

eine der hauptdifferenzen unter den menschen ist im moment einfach religion. sie ist ueber die letzten 2000 jahre staendig missbraucht worden und ich kann's auch nicht mehr ertragen. ja, viele menschen ziehen unglaubliche kraft aus ihrer religion, aber wieviel leid haben religionen ueber andere gruppen von menschen gebracht! und das christentum immer fleissig mit dabei: ich lebe in australien, wo wir gerade australia day 'gefeiert' haben. ein jahrestag, den die ueberlebenden aborigines (the traditional owners of this land) sicher mit sehr gemischten gefuehlen begehen.

"welche ideologie heiligt die mittel?" das ist eine sehr gute frage. in meinen augen gibt es keine einzig richtige lehre, keine heilige armee und wenn im namen einer religion hunderte, tausende von menschen sterben muessen, sollten wir anfangen, alternativen zu dieser ideologie zu suchen, fuer uns selbst zu denken und in unserem eigenen namen zu handeln. "es wird zuviel geglaubt, zu wenig erzaehlt" ... die einzige art, vorurteile und unterschiede zwischen menschen zu ueberwinden ist nach meiner erfahrung, die geschichten und perspektiven anderer menschen kennenzulernen. wir muessen anfangen, einander zuzuhoeren und zusammen neue wege zu finden. religionen geben unseren gesellschaften nach wie vor moralischen halt, aber sie koennen unsere derzeitigen probleme nicht loesen. das muessen wir schon selbst machen, jeder einzelne von uns. und 'stueck vom himmel' ist ein wunderbarer wegbegleiter: tiefsinnig und leichtfuessig, erhebend und tragend, ein denkanstoss und die hoffnung. ein klassischer groenemeyer eben.
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