| Darum öffnet Eure Pforten 
				 
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				AW: "Das ist los" in Konzert-Woche 4  - (B2 - B3 - GE)
			 
 Der Versuch eines Tourberichts, nicht unbedingt chronologisch, vollständig oder lesenswert:
 Diese  Tour war in vielerlei Hinsicht grundlegend anders als alle bisherigen  und das gar nicht mal nur in den bereits vielfach genannten Hinsichten  (das Fehlen von Frank, die pandemie-bedingte Grundungewissheit, der  Krieg und noch so einiges), auch planerisch verlief sie (zumindest für  mich) völlig anders als gewohnt: Eigentlich ist es seit der Dauernd  jetzt-Tour guter Brauch bei mir, mit ca. 800 € in bar zur  Vorverkaufsstelle meines Vertrauens zu gehen und mich dann einzudecken  mit allem, was möglich und nötig ist - mit dieser Tradition musste ich  brechen, weil letztes Jahr absolut nicht absehbar war, ob die  Ersparnisse für die Nebenkostenabrechnung reichen und überhaupt, das  taten sie zwar, aber trotzdem war der Zug für Topplätze inzwischen  weitestgehend abgefahren, also musste ich mich hier auf die Suche nach  Tickets begeben (was schlussendlich auch problemlos klappte: 3 von hier,  5 durch frei gewordene Kontingente und eins bei Ebay Kleinanzeigen).  Ähnlich ungewohnt war es, dass dieses Mal die Fahrkartenbeschaffung  komplett entfiel - nicht, dass ich mich beschwere, nein, ganz im  Gegenteil, das Deutschland-Ticket ist ein Segen (und nebenbei einer von  viel zu wenigen Beweisen, dass die Kernkompetenz des potentiell  brauchbaren Teils der Regierung nicht auschließlich darin besteht, sich  vom mehrheitsbildenden Wurmfortsatz rumschubsen zu lassen) und da es  Anfang Mai eingeführt wurde, musste ich für kein einziges Konzert eine  Fahrkarte zusätzlich erwerben, was mich sehr freute, aber auch bei jeder  Portemonnaie-Kontrolle zusammenzucken ließ, wenn ich nur die  Konzertkarte vorfand.
 
 Irgendwann ging es dann  endlich los mit dem WarmUp in Bremen, dem einzigen Konzert dieses Jahr  in einer mir unbekannten Spielstätte und ich empfand, als es losging,  ein ähnlich erlösendes Gefühl wie 2012, als in Lübeck das 1. Blick  zurück-Konzert begann - wenigstens für einen dreistündigen Augenblick  fiel einiges an Scheiße einfach mal ab (es meldet sich schon rechtzeitig  wieder, keine Sorge), ich hatte gehofft, dass das noch klappt, war dann  aber doch erstaunt, dass es wirklich noch klappt, ich hatte befürchtet,  dass das, neben vielem anderen, nicht mehr funktionieren würde (oder um  es etwas themenbezogener auszudrücken: Dass auch dieser Schlüssel nicht  mehr schließen würde). So war dann das 1. von 9 Das ist los-Konzerten  für mich vorbei, nach wenigen Augenblicken fragte mich jemand  wildfremdes (oder jemand, den ich kennen sollte, und nicht erkannt  habe), ob ich glaube, ob Eleganz dabei bleibt, was ich skeptisch  verneinte, womit ich leider recht hatte; rückblickend betrachtet meiner  Meinung nach das mit großem Abstand herausragendste (ich machte mir nach  diesem phänomenalen Auftakt wenig Hoffnung, es könnte getoppt werden  und das wurde es in meinen Augen auch nicht, aber es folgten gleichwohl 8  weitere denkwürdige Konzerte) und es folgten direkt hintereinander weg  die folgenden 5 Konzerte, was ich zum einen so geplant hatte, falls es  im Laufe der Tour wieder zu einer corona-bedingten Absage kommen sollte,  und zum anderen, weil Kiel und Hamburg für mich sehr leicht händelbar  sind, irgendwo dazwischen bin ich aufgewachsen, beide Städte kenne ich  wie meine Westentasche (zumindest komme ich dort ausreichend zurecht)  und eigentlich hätte es irgendwo dazwischen jederzeit die Möglichkeit  gegeben, mich selbst zum Übernachten einzuladen und mit Handkuss  willkommen zu sein - uneigentlich kam aber leider Ende letzten Jahres  ein Trauerfall unerwartet dazwischen (der mich nicht in dem Maße aus den  Latschen haute wie einer, der inzwischen fast 2 1/2 Jahre zurückliegt,  aber immer noch mehr als nötig), mit dem sich auch die  Übernachtungsmöglichkeit erledigt hatte...
 
 [An  dieser Stelle ein kleiner Einschub, denn erst vor kurzem ist mir  aufgefallen, dass das obigatorische Geburtstagsgedicht für meine  Großmutter, aus dem ich zwangsläufig einen Nachruf machen musste,  erstaunlicherweise in manchen Details Ähnlichkeit hat mit Das ist los  (dem Lied), nämlich in einer würdevollen Erwähnung der Queen und in der  Aufzählung von Verwandtschaftsgraden und weil es zu gut gelungen ist, um  im ganz kleinen Kreis der Verwandtschaft (bzw. in dem Teil davon, den  man nicht in die Tonne treten sollte) zu verstauben, füge ich es hier,  gekürzt um allzu private Stellen, ein]
 
 >>Liebe Oma,
 
 wäre nicht vor sieben Wochen dieser schlimme Trauerfall dazwischen gekommen,
 hätte dieses Gedicht eigentlich so begonnen:
 „Die Queen von England ist tot, auwei -
 scheißegal, die Queen von B. wird heute hundertzwei!“
 
 
 Es kam leider anders und ich muss mir nun was Neues ausdenken
 und diese Zeilen kann ich leider nur den Hinterbliebenen schenken.
 Ach ja, noch ein kleines Ärgernis neben all den großen Dingen:
 Die Arschlöcher von der Arbeit lassen nicht mal einen Sonderurlaubstag springen -
 denn wie Schwiegereltern, Cousins, Cousinen sowie jeder Onkel und jede Tante
 gelten Großeltern nur als „entfernte Verwandte“.
 
 
 Über Dein langes erfülltes Leben habe ich erst zum Hundertsten ausführlich geschrieben -
 nicht ganz acht Seiten, aber immerhin etwas mehr als sieben.
 Heute schreib ich eine Anekdote auf, die mir erst später wieder einfiel
 und sie zeugt von reichlich Eleganz und sehr sehr viel Stil.
 Denn wer braucht schon ein Diplom oder einen Doktortitel in Atomphysik?
 Du hattest was viel besseres drauf: Die hohe Kunst der subtilen Kritik.
 
 
 Ein Beispiel, lassen wir es 1998 gewesen sein:
 Wir besuchten Verwandte von meinem Vater und kehrten unterwegs in einer Gaststätte ein.
 Das Schnitzel war zäh, die Pommes kalt und auch Dir und den anderen schmeckte es wenig
 und die Rechnung war happig - für fünf Leute 124 Mark und 50 Pfennig.
 Du legtest auf den Tisch einen Hunni, einen Zwanni und einen Heiermann, also exakt 125 Mark
 und hast für jeden unüberhörbar „Stimmt so!“ dazu gesagt.
 Der Kellner guckte blöd aus der Wäsche, aber ich bin sicher, er verstand,
 weil er schnell das Geld einstrich und wortlos verschwand.
 
 
 So warst Du, gewitzt, aber vor allem anständig und bescheiden
 und von Dir könnten sich einige so manche Scheibe abschneiden!
 
 
 Eine Sache noch, ich weiß, es ist unverschämt, ganz unbestritten;
 dennoch möchte ich Dich um einen letzten kleinen Gefallen bitten:
 Bitte grüß meine Uroma, wenn Du sie siehst und auch meinen Vater, Deinen letzten Schwiegersohn,
 und natürlich ganz besonders Opa - der wartet auf Dich seit sechsunddreißig Jahren schon.
 
 
 Kommen wir nun zum Ende, denn nichts wird je wieder gut und nichts spendet irgendeinen Trost -
 mit diesem traurigen Fazit endet das letzte Gedicht
 (...)<<
 
 ...als  nächstes stand also das Konzert in Kiel an und weil ein Bahnstreik  angekündigt war, sah ich mich gezwungen, mein Ticket anderweitig nach  Kiel gelangen zu lassen und im alleräußersten Fall die Anreise  abzubrechen in der Hoffnung, dass es noch zu Geld gemacht werden kann -  dies führte dazu, dass ich tatsächlich im Rahmen einer Tournee ein Hotel  betreten habe, was ich normalerweise nicht tu (zugegeben, 2019 bin ich  in Timmendorfer Strand und in Bremen im Laufe der langen Wartezeit vorm  Einlass in Hotels auf Toilette gegangen, aber es käme mir nie in den  Sinn, in einem Hotel zu übernachten, mir wird mein Schneid schon noch  früh genug abhanden kommen, da muss ich das nicht durch Komfort  beschleunigen - an der Rezeption ein Ticket abzuholen, das finde ich so  gerade eben noch vertretbar) und tatsächlich erwies es sich als  hilfreich - der Bahnstreik war zwar abgesagt, aber wegen Bauarbeiten,  eines Zuges, der keine 3 Minuten auf den zu ihm gehörigen Ersatzbus  wartete, zweier Zugausfälle, einer technischen Störung und weiterer  allgemeiner Unfähigkeit der Deutschen Bahn erhöhte sich meine Fahrzeit  nach Kiel mal eben von 7 auf über 10 Stunden...
 
 ...aber  auch das ging irgendwann vorüber und auch in Kiel sprach mich noch in  der Halle jemand wildfremdes sehr unerwartet an, allerdings ging es  nicht ums Konzert an sich, sondern darum, dass die ansprechende Frau,  ihr Mann und noch jemand mich bereits in der Vergangenheit auf all ihren  3 Grönemeyer-Konzerten gesehen hätten und mich deshalb auch als Teil  des ganzen betrachteten und es wäre ihr ein Bedürfnis, mir das einmal  mitzuteilen - gern geschehen! Und weil in Schleswig-Holstein und Hamburg  ansonsten niemand mehr nach mir kräht und ich keine Lust hatte, den  Mittwoch dort zu überbrücken und Zugfahren seit Mai kostenlos geworden  ist, fuhr ich für einen Tag wieder nach Hause (irgendwo im Ruhrgebiet)  und an Himmelfahrt wieder nach Hamburg, dieses Mal wieder mit der  Baustelle, aber ohne den anderen Scheiß, außerdem hatte ich einen  Sitzplatz, also nicht so großen Zeitdruck, nachts stellte ich ertstaunt  fest, dass es in Rothenburg an der Wümme eine zugängliche und beheizte  (!) öffentliche Toilette am Bahnhof gibt (der Warteraum war natürlich  verschlossen), um Freitag direkt in Dortmund weitermachen zu können,  auch dort ein Sitzplatz. Über die Konzerte selbst lasse ich mich jetzt  nicht mehr so detailliert aus, das habe ich größtenteils an anderer  Stelle schon getan, aber ich möchte erwähnen, auch wenn die  Komplettumkrempelung in Kiel mich besonders flashte und auch insgesamt  ein wenig stimmiger wirkt als in Bremen, dass mir das Bremer Programm  deutlich besser gefallen hat.
 
 Nach Dortmund war  dann ein Tag Pause, um am sehr frühen Sonntagmorgen (mit sehr früh  meine ich halb 4) nach Berlin aufzubrechen - der Trip dauerte zwar noch 2  Stunden länger als nach Kiel, ich empfand ihn aber als viel weniger  zermaternd, wahrscheinlich, weil er so geplant war. Rückblickend empfand  ich das Konzert in Berlin als das Schwächste der Tour (32 Lieder sind  zwar grundsätzlich enorm, aber nach Das ist los-Maßstäben halt  zugabenloser Minimalstandard), dafür traf ich dort (in der Halle) eine  sehr nette Person wieder, die ich seit über 10 Jahren nicht gesehen  hatte und mit der ich ins Gespräch kam, deshalb ist auch der Trip nach  Berlin nicht umsonst gewesen (wäre er auch so nicht, aber um der Stadt  selber willen würde ich das niemandem empfehlen). Am nächsten Tag stand  Hannover auf dem Plan, da dort aber wegen Umbauarbeiten keine  Bahnhofsschließfächer verfügbar sind, sah ich mich genötigt, mein Gepäck  in Bremen einzulagern - das bedeutete ca. 5 Stunden Umweg, aber  Zugfahren ist ja kostenlos und es reichte dennoch für die 1. Reihe (in  Kiel und Berlin übrigens auch schon), dieses Mal sogar am Stegende. Und  dieses Mal war es sogar die Halle, in der ich nicht ganz 23 Jahre zuvor  mein allererstes Konzert erlebt hatte und in der Zwischenzeit kein  weiteres  Etwas von der daraus resultierenden Ehrfurcht beeinflusst habe  ich sogar erstmals seit der Dauernd jetzt-Tour wieder bei Flugzeuge im  Bauch und Zeit, dass sich was dreht mitgesungen, die ich üblicherweise  boykottiere und hätte ich ca. einen halben Meter weiter links gestanden,  hätte ich möglicherweise eines von den kleinen schwarzen  Schweißhandtüchern ergattert, habe ich aber nicht.
 
 Es  vergingen in der Zwischenzeit Konzerte in Wien und München, auf denen  ich nicht war, und am Samstag ging es nach Köln, wo ich, wie auch in  Bremen, schon gegen 15 Uhr war, wo es, wie auch in Bremen, eine  Markierung auf der Hand gab, um schneller reingelassen werden zu können  (in Bremen war es eine handgeschriebene 35, für die ich mir die Stelle  aussuchen durfte und dafür den linken Handrücken auswählte, in Köln war  es ein gestempelter Kölner Dom, den ich auch dort hin haben wollte, bei  dem der deutlich weniger flexible und kooperierende Security-Freggel  allerdings drauf bestand, dass der innen aufs Handgelenk muss) und in  Köln schaffte ich es, anders als in Kiel, Berlin und Hannover, wo ich  deutlich später aufgekreuzt war, wie auch in Bremen, trotz  Handstempelung nicht in die 1. Reihe. In Bremen gereichte es mir zum  Vorteil, weil ich so einen Stick auffing, in Köln allerdings, wo ich  auch etwa einen halben Meter zu weit hinten für ein schwarzes Handtuch  stand, gelang mir der Fang eines 2. Sticks nicht, da er meine Hand zwar  traf, aber von ihr abprallte - dafür gab es nach Immerfort noch 4  weitere Solozugaben und es war endlich der Knoten geplatzt, um für den  Rest der Tour alle bisherigen Dämme brechen zu lassen, was Spielzeiten  angeht. Rückblickend sehe ich, vor allem wegen des absurden  Zugabenregens, Köln als das zweitbeste Konzert der Tour - es folgten  zwar noch liederreichere Konzerte mit wesentlich dolleren Stücken als  Currywurst, aber dieses absolut spontane Einen-hab-ich-noch-Prozedere,  das gab es nur in Köln, vielleicht war es genau so, wenn er als Kind mit  der Ukulele oder als Jugendlicher mit der Gitarre am Lagerfeuer noch  einen und noch einen und noch einen unterbingen wollte.
 
 Meine  vorletzte Reise verschlug mich nach Frankfurt, dieses Mal Sitzplatz  allerunterster Preisklasse an alleroberster Stelle und nachdem ich 2019  im selben Stadion das einzige Mal während der Tumult-Tour in der 1.  Reihe am Stegende stand und am Ende von Lebe mit mir los den halben  Schellenkranz auffing, gab es dieses Mal auch wieder eine Belohnung  musikalischer Art, erstmal überhaupt 37 Lieder, allerdings war das ganze  zum Ende hin deutlich abgeklärter ls in Köln und deshalb verbuche ich  dieses Konzert mit der längeren und objektiv besseren Setlist als in  Köln als das drittbeste Das ist los-Konzert, das ich erleben durfte.
 
 Eine  Woche später fiel dann das komplette auch mit meinem persönlichen  Tourende zusammen - es freute mich, zum Schluss gemütlich eine halbe  Stunde mit Bus und Straßenbahn direkt zum Konzert zu gelangen (die  Rückfahrt war bedeutend länger, aber das ist in Gelsenkirchen normal),  auch wieder mit ganz billigem Sitzplatz ganz oben - das erhoffte  Riesenhighlight zum Abschluss wurde es aber in meinen Augen nicht.  Gleichwohl ging eine wunderbare Tour zu Ende, von der ich froh und  dankbar bin, 9 Konzerte erlebt zu haben (von denen ich keines missen  möchte und ich glaube, ich habe auch keines verpasst, das ich unbedingt  hätte erleben müssen), die hoffentlich mit zusätzlichem  Bochum-Schwerpunkt mit derselben Intensität fortgesetzt wird nächstes  Jahr.
 
				__________________Auch wenn Du mich verklagst
 und Du schwörst, dass Du mich magst,
 ist mir alles so egal.
 
 Ob Du fauchst oder ob Du beißt,
 mich verwirrt nennst oder unreif,
 Rache schwörst zum jüngsten Tag.
 
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