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Alt 28.06.2011, 00:30   #37
JJ
Darum öffnet Eure Pforten
 
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JJ ist ein wunderbarer AnblickJJ ist ein wunderbarer AnblickJJ ist ein wunderbarer AnblickJJ ist ein wunderbarer AnblickJJ ist ein wunderbarer AnblickJJ ist ein wunderbarer AnblickJJ ist ein wunderbarer Anblick
AW: (Zwischen-) Fazit der Tour

Gestern hatte ich ganz vergessen, mein Zwischen/End-Fazit zu Ende zu bringen, was den Teil außerhalb der Konzerte betrifft, stehen geblieben war ich in Kassel. Ich weiß nicht mehr genau, wann es im Bahnhof Kassel-Wilhelmshöhe war, es war deutlich nach halb 1 und deutlich vor halb 5, jedenfalls saß ich dort auf dem luftdurchlässigen Flur (einen windgeschützten Bereich gab es nicht, bzw. es lief dort kein DB-Mensch, kin Polizist, niemand rum, den man hätte fragen können), also lag ich erst auf einer Bank, die von innen brennenden Beine mit einem nassen Handtuch, das ich beim Konzert mitgenommen hatte, eingeschlagen und hochgelegt, irgendwann wurde es zu kalt und ich setzte mich hin und fühlte mich dem Erfrieren nahe. Jegliches Zeitgefühl ging verloren, ich bin ein paar mal eingenickt und irgendwann wohl etwas länger eingeschlafen, vielleicht war es aber auch nur eine Viertelstunde, es lässt sich jetzt nicht mehr nachvollziehen. Wie dem auch sei, irgendwann wurde ich plötzlich wach, weil eine Person vor mir stand und mir an die Schulter fasste, ich ahnte schlimmstes und dachte, ich werde beklaut oder schlimmeres, doch dann geschah etwas, was jeder Vorstellung widerspricht: Eine junge Frau, vielleicht 24 Jahre alt, wenn's hochkommt, legte mir die Hand auf die Stirn, schaute mich mit einem unendlich gütigen Blick an und legte mir dann eine Decke über die Beine, faltete sie so, dass sie nicht runterrutscht, und verchwand dann wieder. Wahrscheinlich war ich zu übermüdet und bin sofort wieder eingeschlafen. Irgendwann wurde ich wieder wach, da stand sie wieder bei mir und legte wortlos eine kleine Tüte extra scharfe Tortilla Chips zu meinen Sachen. Ich schaute auf die Uhr, es war viertel nach 3, ging zur Bank nebenan, wo sie mit ihrer Freundin saß und wollte mich für die Decke und die Chips bedanken und ihr erklären, dass ich in einer Stunde los müsste und ihr dann die Decke gerne zurückgeben möchte. Dummerweise konnte weder sie noch ihre Freundin ein Wort deutsch oder englisch, aber irgendwie haben sie mir in ihrer Sprache (wahrscheinlich rumänisch) erklärt, dass sie auf den Bus warten, der nach Rumänien durchfährt. Ich weiß nicht mehr genau, wie, aber mit irgendeiner Geste haben sie mir deutlich gemacht, dass ich die Decke behalten soll, ich war ihnen hinterher auch sehr dankbar dafür, weil es in Frankfurt auch ziemlich kalt war. Als ich dann gegen viertel nach 4 zum Zug wollte, wollte ich mich noch von den beiden verabschieden, auf welche Weise auch immer, und dabei stellte die erste fest, dass mit meinen Beinen etwas nicht stimmte, sie fragte mich irgendetwas über "Pastilas", wahrscheinlich, ob ich ein Medikament nehme, ich schüttelte den Kopf und sie drückte mir eine Tüte Joghurt-Gums in die Hand. Jetzt so beim Drüberlesen kommt mir die Situation immer noch so extrem unwirkich vor, aber die Decke, die Chipstüte und die Gummi-Bonbon-Tüte sind der Beweis, dass es wirklich passiert ist und ich frage mich immer noch, warum, eigentlich ist es auf diesem Kontinent nicht üblich, dass 2 junge Rumäninnen einen etwas älteren deutschen umsorgen und mit Proviant versorgen. Das hätte ich vorher auch nicht für möglich gehalten, dass ich mitten in Deutschland (und es ist fast die Mitte) ein neues National-Klischee hinzugewinne, auf alle Fälle kann ich nun sagen, dass ich mit sämtlichen Rumänen, die ich bisher kennen lernen durfte, durchweg positive Erfahrungen gemacht habe, das gleiche gilt für alle Ghanaer, Kroaten, Montenegrer und für alle Griechen (von 6 Polizisten aus Elefsina abgesehen), die ich kenne, über Österreicher, Schweizer oder gar Deutsche werde ich so etwas nie behaupten können.

Von Kassel ging es dann mit dem 1. Zug nach Frankfurt, ein paar besoffene Jugendliche nutzten ihn für die Heimfahrt, saßen im gleichen Wagen wie ich und ließen mich lautstark an ihren Erlebnissen der letzten Nacht teilhaben. Ich frage mich, ob das einzige Mädchen darunter genau das gleiche auch im nüchternen Zustand von sich gegeben hätte, ich hoffe nicht, und ebenso wenig hoffe ich, dass die jungen Männer um sie herum das leichtfertige Angebot angenommen haben (ich will es ungern wiederholen, aber das Wort "ficken" kam darin vor).

Zu Frankfurt wil ich mal gar nichts weiter schreiben, aber ich tu es trotzdem. Vom Hörensagen dachte ich immer, Frankfurt wäre das Finanzzentrum Deutschlands, da wird das große Geld gemacht, da findet die Börse statt, da spielt sich alles ab, was um Geld geht und alles dreht sich nur ums Geld. Das mag vielleicht auch größtenteils so sein, aber direkt wenn man aus dem Hauptbahnhof rauskommt und einmal über die Straße geht, ist man im Rotlichtviertel und wenn man dort erst 3 mal um die Ecke ist, findet man so schnell nicht mehr raus. Seit mittlerweile 2 1/2 Jahren bin ich regelmäßg in Hamburg und kenne da auch einige Enden und eigentlich war ich immer davon überzeugt, dass St. Pauli, insbesondere die Reeperbahn und ein paar Seitenstraßen davon, das Rotlichtmilieu schlechthin in Deutschland wäre, aber gegen die Rotlicht-Szene vorm Frankfurter Hauptbahnhof, dagegen ist ganz Hamburg gerade mal blassrosa. Und nicht nur die Übersexualisierung an allen Ecken dort, nein, auch drogenmäßig muss das in Frankfurt eine ganz andere Hausnummer sein. Wenn ich in Hamburg mal abends bei Lidl auf der Reeperbahn einkaufe, weil die meisten anderen Läden schon zu haben, dann gehört es eigentlich schon dazu, dass ich von mindestens jeder dritten Nutte angequatscht werde, aber an Dorgenkonsum habe ich dort bisher noch gar nichts wahrgenommen (die unzähligen besoffenen, die sich dort schlafen legen, lasse ich mal außen vor). In Frankfurt hingegen, da wurde ich einmal direkt angesprochen, ob ich irgendwas bestimmtes brauche und 2 mal habe ich sogar direkt vor mir (so in 2 bis 3 m Entfernung) Junkies gesehen, die sich völlig ungeniert einen Schuss gesetzt haben, ich dachte immer, so etwas könnte mich eigentlich nciht großartig beeindrucken, aber ein bisschen was verstörendes hatte es doch an sich.

Von der Bahnhofsumgegend mal abtgesehen habe ich an anderer Stelle bereits geschrieben, dass ich vor allem vom Frankfurter Gesundheitssystem an Sonn- und Feiertagen nicht übermäßig begeistert war, zum einen wurde ich fast 2 Stunden im Krankenhaus von einem Ende zum anderen geschickt, um am Ende zu erfahren, dass sie einen nur dann behandeln dürfen, wenn man schon auf dem Hinweg halb am Krepieren ist, zum anderen hat mir der Notdienstarzt und erst recht sein Pfleger, der meinen Fuß zur Verbandanlegung auf den Mülleimer für gebrauchte Kanülen gelegt hat, nicht sehr zugesagt.

Jetzt erst fällt mir wieder ein, in der Nacht davor hat wieder einer im Bahnhof rumkrakeelt, aber nicht nur das, nein, er hat sich mich speziell zum Gespräch ausgesucht, indem er meine Beine sah, mich frgte: "Ey, was ist damit?" und mir mit voller Wucht gegen die linke Wade trat, boah, so was ist gelebte Grausamkeit, anschließend erzählte er mir seine Lebensgeschichte und fragte mich, was ich davon halte, dass die Juden "uns" damals alles weggenommen haben und eshalb so reich sind. Es wurde mir zu viel und ich verschwand über einige Rolltreppen und Seitengänge in einer U-Bahn-Haltestelle, schlief dort dann ein und ahnte nicht, dass er mir 2 Stunden später dorthin folgen würde, das ging es richtig los: "Was soll das?! Du hast gesagt, Dein Zug fährt!? Du hast mich angelogen?! Was hab ich DIr getan!?" Zum Glück kamen 2 Polizisten, sagetn kurz: "Sie wissen doch, dass sie Hausverbot haben" und führten ihn raus.

Köln ist eigentlich eine STadt, die ich gern mag und wo ich deshalb auch 1 1/2 Überbrückungstage eingebaut habe dieses Jahr. Naja, daran wird sich auch nichts ändern, obwohl mir eine Trickbetrügerin 10 € abgenommen hat. Ach ja, eine Sache ist mir bei der Einfahrt aufgefallen und zwar eine Brücke, deren Geländer voll mit Vorhängeschlössern war. Ich hab vor Jahren mal von einer Brücke gehört, die lange Zeit als erstes von Soldaten betreten wurde, die ihren DIenst rum hatten und dort als Glücksbringer ihr Spindschloss befestigten und den Shlüssel ins Wasser warfen. Ist dies genau diese Brücke mit diesem Brauch?

Ich überlege gerade, ich glaube, in Wien habe ich nichts nennenswertes erlebt und in Klagenfurt schon gar nicht, außer dass ich mich rückblickend mit einer Person oder viel mehr einer Figur identifizieren kann. Jedes Mal, als hinterher Flugzeuge im Bauch gespielt wurde, habe ich mehr auf den Fil geschaut als auf die Band, weil ich mich in dieser Frau wiedersah. Also nicht in der zurechtgemachten Ballerina, sondern in der zerschundenen schwer bepackten Frau, die erschöpft die Straße entlangläuft, völlig neben sich steht, mit den Nerven und allem anderen total am Ende ist und gegen eine Laterne läuft. Und die Rettung brachte auch in meinem Fall ein Taxi, obwohl ich Taxis eigentlich verabscheue. Die neuen Hintergrundfilme fand ich nicht alle so doll, der zu Alkohol ist langweilig, der zu Demo auch, der zu Stück vom Himmel auch, der zu Kreuz meinen Weg unnötig und den zu Kopf hoch, tanzen hätten sie isch auch sparen können. Einzig den zu Schiffsverkehr finde ich gut gemacht und passend und erst recht en zu Flugzeuge im Bauch, auch wenn mir der Anfang besser gefällt als das Ende, aber so eine ENtwicklung von wgeen Hässliches Entlein und Schwan war wohl gewünscht, wobei ich persönlich die Frau in ihrme Zustand zu Beginn des Films um ein Vielfaches schöner finde als em Ende vor dem prunkvollen Gebäude. Naja, vielleicht auch nur, weil ich mich in diesem Zustand wiederfinden konnte oder wollte und hinterher habe ich insgesamt das Gefühl, dass die Tour mich einmal komplett durch den Fleischwolf gedreht hat, und ich muss sagen, genau so macht es für mich Sinn, alles andere weniger Extreme wäre vielleicht nur langweilig gewesen.

Ach ja, in Österreich schinen die Preise im Schnitt etwas teurer zu sein als in Deutschland, kam mir zumindest so vor, da hatte ich allerdings noch gar nicht bedacht, wie groß der Unterschied in der Schweiz sein würde.

In München gab es endlich wieder gewohnte Preise, gewohnte Läden, ein gewohntes Pfandsystem, aber keineswegs gewohnte Öffnungszeiten. In Österreich erschien es mir normal, dass die Läden in der Woche um 20 Uhr und samstags um 18 Uhr schließen, in Klagenfurt war ich überrascht, dass der Billa-Markt im Bahnhof sogar sonntags von 6 bis 21 Uhr geöffnet hat, aber dass in München in der Umgegend vom Hauptbahnhof Aldi, Lidl und sogar Netto allesamt um 20 Uhr dichtmachen, das hat mich sehr überrascht, vor allem Netto, die haben doch fast in jeder Provinz bis 21 Uhr oder länger auf, wobei, man muss da wohl zwischen den ehemaligen Plus- und den Läden mit dem schwarzen Hund unterscheiden, trotzdem fand ich 20 Uhr als Ladenschluss in der drittgrößten deutschen Stadt irgendwie seltsam. Naja, das ist ja noch gar nichts gegen die willkürlich wirkenden Öffnungszeiten in der Schweiz. Länger geöffnet hatte hingegen Pizza Hut und ich dachte mir, auch wenn es eigentlich viel zu teuer ist, ich bestelle mal die vielfach angepriesene Pizza mit dem Käse im Rand...huärghn, das war widerlich und abartig, nie wieder!

Über das Konzert in München haben auch schon andere geschrieben, dass es nicht völlig friedfertig abging, wobei ich es ehrlich gsagt begrüßt hätte, wenn mich jemand geschlagen hätte. Ich habe noch nie Gebrauch von meinen Fäusten gemacht, aber insgeheim male ich mir oft aus, wie es ist, wenn mich jemand angreift und ich zurückschlage. Wobei, wahrscheinlich hätte man mich dann des Stadions verwiesen, also ist es vielleicht doch besser, dass niemand handgrefilich geworden ist.

Um kurz nach 5 fuhr mein Zug nach Stuttgart, von dort aus sollte ich nach Zürich und dann nach Bern umsteigen. Dummerweise bin ich so fest eingeschlafen, dass ich Stuttgart verschlafen habe, in Mannheim wurde ich wach, aber die Türen waren schon zu und so konnte ich erst am Frankfurter Flughafen aussteigen (der nebenbei erwähnt einen Rewe-Laden beherbergt, der von 5 Uhr morgens bis 1 Uhr nachts geöffnet hat, was mich widerum in die andere Richtung verblüfft hat), eine schlimme Kombination, zum einen die Stadt Frankfurt und zum anderen der Gang zum DB-Schalter, um, wie die Schaffnerin mir sagte, die Fahrkarte umstempeln zu lassen, damit ich mit ihr noch nach Bern kann.

Weit gefehlt, bei so einem überkorrekten Typen hinterm Schalter ist nichts zu machen, da muss man für den deutschen Teil der Strecke eine neue Fahrkarte kaufen. Zur Übersicht: Die Strafe fürs Schwarzfahren beträgt bekannterweise 40 €, die fürs Station verschlafen nach der Rechnung von dem DB-Typen 57 €, irgendwas ist da nicht ganz gerecht. Andererseits, in der Schweiz kostet Schwarzfahren 80 SFR (ca. 68 €), eine Ordnungswidrigkeit, bei der mich so ein oberkorrekter Ordnungshüter erwischt hat und für die manche deutsche Sittenwächter ein Auge zudrücken würden, kostet mindestens 150 SFR (ca. 127,50 €), wobei dieser widerliche Giftzwerg mir zu Unrecht einen besonders schweren Verstoß unterstellt hat, von dem er mir gar nicht sgaen wollte, wie teuer der wird. Ich hätte ihm direkt zeigen können, dass dem nicht so ist, aber völlig entgegen dem Grundsatz "In dubio pro reo" ist er vom schwereren Fall ausgegangen, und ich fürchte, dass ich zusätzlich Ärger bekomme, weil er zu unfähig war, meine Adresse aufzuschreiben (ich sagte ihm, ich bin gerade am Umziehen und die Adresse aus dem Ausweis wird sich bald ändern, er wollte die neue Adresse nicht wissen), seinen Namen hat er mir auf Nachfrage auch nicht gesagt, und insgesamt hatte ich die ganze Zeit über den Eindruck, dass er nicht gerade der toleranteste ist gegenüber Ausländern, das zeigte sich kurz danach daran, dass er einen Schweizer beim gleichen Vergehen erwischt hat, dieser fing an zu brüllen und sich zu widersetzen, wurde aber wesentlich freundlicher behandelt. Naja, Scheiß drauf, ich hoffe, unter den restlichen knapp 8 Millionen gibt es auch noch halbwegs annehmbare Eidgenossen, es kann und darf nicht sein, dass alle so drauf sind; vor 8 Jahren in Serbien ging es doch auch, da wird man bei überschrittener Geschwindigkeit erwischt und hat direkt die Wahl, ob man dem Polizisten 20 € auf die Hand gibt oder ob man das ganze erst offiziell werden lässt. Das soll jetzt keine Werbung für Korruption sein, aber in manchen Bereichen des Lebens könnte es oft sehr viel einfacher sein, wenn man nicht immer 100%ig nach Vorschrift handelt und auf Kulanzbasis ein kleines bisschen Menschlichkeit durch seine Amtstracht durchscheinen lässt. In der Schweiz glaube ich da aber nicht mehr dran!

Hier gibt es nun einen kleinen Schnitt, weil mein Beitrag die magische 20.000-Zeichen-Grenze überschritten hat, deshalb geht es erst im nächsten Beitrag weiter!
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Auch wenn Du mich verklagst
und Du schwörst, dass Du mich magst,
ist mir alles so egal
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Ob Du fauchst oder ob Du beißt,
mich verwirrt nennst oder unreif,
Rache schwörst zum jüngsten Tag.

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