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Alt 25.11.2014, 19:33   #7
Aston Martin
Erfahrener Benutzer
 
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Aston Martin ist ein LichtblickAston Martin ist ein LichtblickAston Martin ist ein LichtblickAston Martin ist ein LichtblickAston Martin ist ein LichtblickAston Martin ist ein Lichtblick
AW: Song: UNIFORM aus dem Album: Dauernd Jetzt

Dieses Lied liegt mir thematisch so sehr am Herzen, dass ich meinen Beitrag aus dem Albumthread gerne noch ergänzen und hier eine "Extended Version" posten möchte.

Der kritische Ansatz zum Datensammeln ist gut und lobenswert. Es passt zu seinen bisherigen Aussagen über die neuen Medien, die bei mir allerdings teilweise den Eindruck erwecken, dass er zu diesem Thema eine sehr einseitige Meinung mit wenig Hintergrundwissen besitzt. Zu wenig, um darüber einen Song zu schreiben, der die Gesellschaft so stark kritisiert.

Dankenswerterweise hat "Vollmondpetra" hier einen Ausschnitt gepostet, auf den ich kurz eingehen möchte:
Zitat:
Indem ich meine Kamera abgeklebt habe[...]
An vielen Stellen fallen mir Menschen auf, die so etwas tun. So ganz erschließt sich mir das nicht.
Was soll jemand von mehrstündigen Videos haben, auf denen jemand einen Monitor anstarrt? Notebooks klappt man doch normalerweise zu, wenn man sie nicht nutzt. Für Hacker oder Geheimdienste ist doch das Mikrofon viel interessanter und das kann man nicht so einfach beseitigen.

Zitat:
[...]meinen Ortungsdienst ausgeschaltet[...]
Keine Kritik an dieser Stelle, nur ein Hinweis, der für den nächsten Punkt wichtig ist: Er besitzt ein Smartphone.

Zitat:
[...]und keine Mailadresse bei Google habe.
Das würde ein Gerät mit Android ausschließen. Dort muss man sich nämlich mit einem Google-Account registrieren, um das Smartphone überhaupt erst einzurichten. Ähnlich wie bei Apple (Apple-ID) und wahrscheinlich auch bei Microsoft. Was macht Google nun teuflischer als die anderen amerikanischen Firmen?
Aber zu dem "Konzernproblem" komme ich gleich noch.

Zitat:
Ich bin nicht gegen das Internet, aber ich bin dagegen, dass man sich in dieser Internetsuppe auszieht. Das finde ich albern. Jeder macht sich selbst zum Star und schmeißt jedes seiner Details da rein.
Diese Beschreibung könnte man so genauso auf das Fernsehen beziehen. Dort machen sich, wie im Internet, einige zum Affen, aber eben nicht JEDER.
Er spricht hier allen Nutzern ab, dass sie selbstverantwortlich mit Facebook und Co. umgehen können. Wenn jemand der Meinung ist, für alle sichtbar jedes Lebensdetail in einen Blog zu packen, dann soll diese Person das doch tun. Soziale Medien wären nicht so erfolgreich, wenn die Menschen nicht den Drang zu einem gewissen Maß an Selbstdarstellung hätten.

Natürlich gibt es einige Leute, die sich nicht mit den Einstellmöglichkeiten der Beitragsreichweite auskennen, aber solche Probleme gibt es in allen Lebensbereichen. (Übrigens scheint es sich dabei nicht um eine Schwierigkeit der jungen Generation zu handeln. Besonders bei Facebook fällt mir bei fremden Profilen auf, dass meist Nutzer Ü40 Probleme damit haben, ihre Postings auf die Freunde zu beschränken. Die Profile jüngerer Nutzer scheinen subjektiv deutlich besser geschützt.)

Zitat:
Ich stell mir dann vor, wie die bei den Internetriesen zusammensitzen und selbstherrlich denken, sie hätten die Welt unter Kontrolle.
Mal am Rand, das tun wahrscheinlich ganz andere.

Allerdings verstehe ich diese permanente Kritik an Facebook und Co. nicht. Wir sprechen hier von Unternehmen, die Kommunikationsplattformen anbieten.
So was tun sie nicht aus Gemeinnützigkeit und ohne Gegenleistung (Beim Bäcker kriege ich schließlich auch kein Brötchen umsonst, weil ich gerade Hunger habe). Die Währung, die man dort zahlt, um z.B. mit alten Freunden wieder in Kontakt treten zu können, sind seine Daten. Daten, die für Werbung genutzt werden.
Man kann doch nicht einerseits darüber meckern, dass Angestellte nicht vernünftig bezahlt werden, aber andererseits fordern, eine riesige Infrastruktur kostenlos zur Verfügung zu stellen.

Mir geht einfach nicht in den Kopf, warum er lieber den Nutzern die Intelligenz abspricht und zum Verstecken aufruft, als die flächendeckende Überwachung durch die Geheimdienste zu kritisieren.
Nur, weil ich mit Menschen in Kontakt bleiben möchte und dafür eine begrenzte Anzahl an Informationen hergebe, muss ich mich doch nicht automatisch damit abfinden von der NSA überwacht zu werden. Die Reihenfolge darf nicht lauten "Ich meide das Internet, weil ich dort überwacht werde", sondern "Ich will das Internet nutzen und dabei nicht überwacht werden". Man kann den Menschen doch nicht das Recht zur Kommunikation absprechen, weil Geheimdienste diese neue Situation ausnutzen. Natürlich vereinfacht die Vernetzung diese Überwachung, allerdings gab es schon im rein analogen Zeitalter genug Möglichkeiten.

Das Internet nicht zu nutzen, weil eventuell jemand die eigenen Daten missbrauchen könnte, ist so, als würde man sich in der Wohnung einschließen, weil man draußen absichtlich überfahren werden könnte. Die Gefahr besteht, aber die positiven Eigenschaften überwiegen (für mich).

Diese ganze Diskussion ist so unglaublich komplex, dass man sie nicht so einseitig abtun kann.
Der Vergleich hinkt ein wenig, aber er ist doch der Experte darin in der Öffentlichkeit zu stehen und sein Privatleben privat zu halten. Warum sollte man dann nicht seine eigene Öffentlichkeit schaffen, Ereignisse teilen und dennoch Freiräume besitzen können?

Irgendwo las ich mal ein schönes Zitat zur Akzeptanz technischer Neuerung im Verlauf des Alterns. Inhaltlich war die Aussage folgendermaßen: Alles, was zur Geburt existiert, ist Stand der Technik. Was bis zum 40. Lebensjahr kommt, ist spannend und wird interessiert verfolgt. Alles danach ist zu verteufeln und unnatürlich.
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