Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 23.05.2012, 09:21   #214
DeeKay
Double-Dingenskirchen
 
Registriert seit: 22.06.2007
Ort: Westfalenstadion
Beiträge: 460
DeeKay ist jedem bekanntDeeKay ist jedem bekanntDeeKay ist jedem bekanntDeeKay ist jedem bekanntDeeKay ist jedem bekanntDeeKay ist jedem bekannt
AW: Bochum 22.5.2012 Live@LV.de - Es wird kompliziert, wenn nichts mehr passiert!

Hallo zusammen,

ich war gestern abend ebenfalls in Bochum dabei, allerdings etwas verändert als früher. Anstatt Stehplatz hatte ich mich diesmal ganz bewusst mit meiner Frau auf die Südtribüne zurückgezogen und mir das Konzert im Sitzen angeschaut. Das Erlebnis ist im Grunde bereits am Anfang total verändert, weil der gesamte Stress mit dem Einlass komplett wegfällt. Man kann zB in Ruhe den Merch-Stand abklappern (Die Sachen sind laaaaaangweilig !), oder vor dem Anpfiff noch eine Pizza essen. Durchaus entspannend. Dennoch hoffe ich, dass der Einlass für die Steher auch einigermaßen gut gelaufen ist, zumindest das Wetter hat mitgespielt, was ja auch immer eine große Erleichterung ist. Als ich auf meinem Platz angekommen war, hab ich tatsächlich erstmal den Innenraum beobachtet. Bis ca. 19:30 schien es nicht übermäßig gefüllt zu sein, aber so ab 20 Uhr war es dann schon ziemlich voll.

Ich habe seit einiger Zeit (genauer gesagt seit Rügen 2008 ) kein Konzert mehr besucht, daher ging ich schon mit etwas Vorfreude in den Abend. Ich hatte im Vorfeld auch mit Absicht darauf verzichtet, mir die Tracklist der Tour anzuschauen, weil ich mich überraschen lassen wollte. Die Orsons fand ich persönlich zwar nicht sooo toll, allerdings muss man sagen dass Bochum gestern generell sehr positiv gestimmt war und durchaus "begeisterungsfähig". Das Publikum hat mitgemacht, bei Creutzfeld und Jakob habe ich das schon mal ganz anders erlebt.
Die Welle geht von unserem Sitzblock ausgehend bereits ab 8 Uhr mehrfach los und schafft gegen 20.15 sogar mehrere Runden. Die Zuschauer freuen sich auf die Begegnung, soviel steht fest.

Und dann geht es endlich los - die Mannschaft kommt raus und startet mit Schiffsverkehr. Wenn man auf der Tribüne sitzt, fällt einem zunächst mal auf dass der Sound relativ schlecht ist. Jedenfalls im Vergleich zum Innenraum. Dafür kann man sich natürlich jederzeit hinsetzen oder in Ruhe die Videos auf den Leinwänden beobachten, weil man ja sonst kaum was erkennen kann. Entschuldige, dass ich das so sage Herbert, aber ich glaube Du hast über die Jahre ein bisschen zugelegt. Als wir uns das letzte mal gesehen haben, warst Du deutlich sportlicher. Dein Gesicht ist etwas runder geworden, das ist auf dem Videobeweis ganz klar zu erkennen. Macht aber nichts, keiner sieht heute noch aus wie vor 10 Jahren. Und technisch bist Du sowieso über jeden Zweifel erhaben. Für die Alte-Herren-Mannschaft reicht es immer.

Das Publikum war bereits jetzt in Top-Form, der gesamte Sitzblock C stand beim ersten Ton. Von Tribünen-Rentner keine Spur. Nach der Eröffnung begeht Herbert allerdings das erste Foul: "Genießt den Abend, es ist unser letztes Konzert in Bochum. Aus Sicherheitsgründen sollen hier keine Konzerte mehr stattfinden." Ein hörbares Raunen geht durch die Menge. Na prima, nach der hoffnungsvollen Spieleröffnung direkt ein Gegentor. Dabei geht mir so durch den Kopf, dass die Konzerte in Bochum seit Jahren nicht ohne Exklusiv-Sponsor durchzuführen sind. 2003 war es Karstadt, dann war es mal die Sparkasse. Diesesmal fällt mir kein besonderer Sponsor auf, aber ich erinnere mich an den Zeitungsartikel, in dem ich gestern gelesen habe: Das Konzert sei nicht ausverkauft und es gäbe noch ca. 2.000 Tickets. Als nächstes kommt der Gedanke an eine Aussage hoch, die Herbert vor ein, zwei Jahren mal getätigt hat: "Die Produktion passt nicht nach Bochum ins Stadion". Nun also der Abschied ? Man wird sehen.

Ob es an der Enttäuschung über diese Aussage liegt oder am Song "Kreutz meinen Weg", weiß ich nicht. Jedenfalls geht die Stimmung danach in den Keller. Ich denke zwischendurch an 2007, als Herbert das Feuerwerk nicht miterlebte und auch kein zweites mal "Bochum" spielen wollte. Als die Fans ihn nochmal sehen wollten, saß er schon im Bus nach Hause. Da gab es sogar Pfiffe im eigenen Stadion. Ich fürchte, wenn es heute ähnlich abgeht, wird es ein Kampfspiel für Dich, Herbert.

Manchmal redest Du auch ein bisschen zuviel. Ständig lese ich in Deinen Interviews davon, dass "die Leute im Ruhrgebiet einen erstmal abchecken, ob man noch der Alte ist". Das erzählst Du auch heute wieder ein paar mal, zwischen den ersten Songs. Und manchmal klingt das, als fändest Du nicht (mehr) gut, das die Leute im Ruhrgebiet eben so sind.
Es wirkt, als ob Du heute nervös bist, weil Du heute auf jeden Fall ein gutes Spiel machen willst. Weil Du das "abchecken" des Publikums heute auf jeden Fall bestehen willst. Notfalls mit der Brechstange. Aber weißte was, Herbert ? Selbst wenn es nicht perfekt ist - dann eben nicht. Hauptsache, man gibt sein Bestes. Einfach mal die Klappe halten, Ärmel hochkrempeln und ran an die Arbeit. Dat wird schon heute. Die Leute werden Dich anfeuern, und Dich durch die gesamte Spielzeit tragen, dazu braucht es eigentlich nicht viel. Wir für Dich, Du für uns.

Dann auch der erste Hoffnungsschimmer: Herbert spielt mutig nach vorne mit "Musik nur, wenn sie laut ist", und die Zuschauer sind direkt wieder bereit, den kurzen Ärger zu vergessen. Top-Stimmung im Block. Es geht weiter mit "Halt mich", und dann kommt die nächste Ansage:
"Das nächste Lied widme ich den Opelanern. Der Standort muss erhalten bleiben." Begeisterung und stehende Ovationen, als die ersten Töne von Bochum erklingen. Recht hast Du, natürlich. Dennoch: Auch Du hast gerade erzählt, dass Du den "Standort Bochum" aus Deinem Tourkalender weg-rationalisiert hast, Herbert. Ich persönlich glaube jedenfalls nicht, dass die Stadt Bochum keine Konzerte mehr im Ruhrstadion veranstalten will. Vielleicht hat auch Dein persönlicher Sicherheitsdienst Bedenken. Aber sei es drum. Für solche Gedanken ist später Zeit genug. Jetzt ist Bochum, und sonst nichts. Mein Revier ist hier.

Wer jemals Bochum in Bochum gehört hat weiß, dass das was ganz besonderes ist. Und so ist es auch diesmal. Kann man nicht beschreiben, muss man auch nicht. Schön wars. Und laut. Spätestens jetzt gelingt entgültig der Schulterschluss zwischen der Mannschaft auf der Bühne und dem Publikum. Der Druck scheint abzufallen von Dir, Herbert. Du spielst ab jetzt befreit auf, das Spiel läuft, und es läuft gut. Die Set-List gefällt mir persönlich gut, was mir weniger gut gefällt ist die Geschichte die Du vor "Was soll das" immer erzählst, Herbert. Aber wahrscheinlich habe ich die schon so oft gehört, dass sie für mich einfach nicht mehr lustig ist.

Das Du heute "die Härte" im Gepäck hast, hat mich gefreut. Habe ich live glaube ich zuletzt 2000 gehört. Schönes Ding. Leider geht das Ding nicht rein, weil die meisten den Eindruck machen als kennen sie das garnicht. Egal, weiter gehts. Die Setlist wirkt auf mich etwas kompakter. Mehr Hits, weniger aktuelle Songs aus dem letzten Album. Weniger Kampfansagen und weniger Gedankenspiele, weniger Botschaft, dafür aber mehr Spielspaß. Leichtfüßig geht es durch den Abend, der Doppelpass mit dem Publikum gelingt, nicht zuletzt wegen der vorgelesenen Fanpost. Dann wieder nachsetzen mit einem guten Song, immer weiter.

Mit der Currywurst, irgendwann natürlich. Bochum ohne Currywurst geht nicht. Natürlich weißt Du es, Herbert. Und heute gibts die Currywurst auch schon während der normalen Spielzeit. Nicht irgenwo hintendran, und auch ohne das die Leute lange darum bitten müssen. Im Laufe des Abends scheint es, als wüsstest Du heute besser als damals, was das Publikum sehen will. Und Du bist bereit, dem Publikum das zu geben, was es will. Und dafür zahlt Dir das Publikum zurück: mit Beifall. Mit Gesängen. Mit Ovationen. Mit Recht.

Einge schöne Songs hast Du behalten im Programm, Herbert. Danke dafür. Das Publikum geht voll mit - a seven Nation Army couldn't hold them back. Auch die Mannschaft auf der Bühne scheint den Spaß am Spiel gefunden zu haben. Ihr liefert einfach ein tolles Spiel ab, ich denke das kann man so sagen. Jedenfalls habt ihr die Leute begeistert.

Heute scheint es als wüsstest Du selbst, das das Hinspiel nicht so gut gelaufen war: Du fragst nach, ob die Leute ein zweites mal ihr Lied hören wollen, weil Du es damals nicht nochmal gespielt hast. Natürlich wollen Sie. Mit Steiger-Intro. Ich weiß nicht so genau, ob Du überhaupt gesungen hast beim zweiten mal, Herbert. Es wirkte ein bisschen, als wäre das Stadion lauter gewesen als Du. Jedenfalls müsste an diesem Abend auch der Rest im Ruhrgebiet gehört haben, dass die Bochumer Fans in die erste Liga gehören.

Als Du zum dritten mal an diesem Abend rauskommst, wirkt es als wäre das Stadion in einen Rausch geraten, was natürlich auch dadurch unterstützt wird, dass es auch Dir Spaß zu machen scheint, Herbert. Das Publikum wartet auf das entscheidende Tor, und dann - ein kleiner Fehler in der Nachspielzeit.
Das muss man auch mal sagen dürfen. Du hast routiniert alles abgespult, mit Begeisterung gespielt und alles gegeben. Und jetzt November ? Dieser Song ist Dir wichtig, das merkt man. Trotzdem passt er hier und jetzt nicht, entwickelt sich zum Fehlpass und killt die Stimmung. Das klassische Eigentor kurz vor Spielende.

Der Block setzt sich und atmet erstmal tief durch. Jetzt ist doch nochmal kämpfen angesagt, damit es sich am Ende nicht doch noch wie unentschieden anfühlt, Herbert. Und auch hier sieht es so aus, als hättest Du verstanden: Ich will mehr. Der entscheidende Konter zum Sieg - Die Stimmung ist wieder da. Und am Schluss: Der Vollmond. Blitzsauber zuendegespielt. Zwischendurch habe ich gedacht, es könnte jemand dem Stefan mal die Gitarre wegnehmen, sonst hört der garnicht mehr auf zu spielen. Aber vielleicht war es tatsächlich so: Auch die Mannschaft hatte Spaß am Spiel.

Ich sage Danke für einen schönen Abend mit Dir, Herbert. Ein meisterlicher Auftritt im Heimspiel. Ihr habt toll gespielt. Ihr habt die Leute begeistert. Und ihr habt Sympathien zurückerobert. Meine zumindest.

Cheers,
dk

Geändert von DeeKay (23.05.2012 um 14:06 Uhr).
DeeKay ist offline   Mit Zitat antworten