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Alt 20.03.2019, 19:12   #87
Greenland
konzerteuphorisiert
 
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Greenland wird schon bald berühmt werdenGreenland wird schon bald berühmt werden
AW: Köln 13. & 14.3.2019 Live@LV.de - Die Hoffnung auf ein Leben, das viel besser ist, brachte sie hierher

Mit etwas Abstand möchte ich jetzt auch gerne meine Eindrücke der beiden Konzerte in Köln schildern. Für mich ist Köln ein Heimspiel - seit mehr als 10 Jahren ist mein Hauptaufenthaltsort weniger als zehn Kilometer von der Arena entfernt.

Dieses Jahr wollte ich mich gerne überraschen lassen und habe tatsächlich vor dem Konzert gar nichts gelesen – kannte deshalb keine Setlist und war irgendwie auch wieder so im Alltag gefangen, dass ich nur wenig Vorfreude hatte, während ich jetzt selbst beim Schreiben dieses Berichtes ein wohliges Kribbeln der Freude verspüre.
Ich kam also direkt von der Arbeit zur Arena, hatte nur schnell ein altes Tourshirt angezogen und mir etwas zum Essen und Trinken eingesteckt. So kam ich gegen halb 5 zur Arena und reihte mich in eine doch überraschend kurze Schlange am Südost-Eingang. Schon während des Wartens auf den Einlass kam ich mit mehreren Leuten ins Gespräch, mit dreien blieb ich dann auch den ganzen Abend zusammen.
Der Einlass am Dienstag lief tatsächlich wirklich gut und organisiert ab. Besonders angenehm fand ich die Vielzahl der platzierten Securitys auf dem Weg in den Innenraum, so dass man (von der Kurve zwischen Treppe und Innenraum abgesehen) tatsächlich nicht rennen musste – da keiner rennen konnte und somit die Einlaßreihenfolge auch so erhalten blieb. Ich fand problemlos einen Platz in der ersten Reihe – rechts unmittelbar neben dem Steg. Die Menschen um mich herum waren alles nett und freundlich, so dass die Wartezeit wirklich kurzweilig war.
Berkan kam dann mit Hassan (der mit dem Wuschelkopf) auf die Bühne und mühte sich wirklich redlich. Das Publikum reagierte auch wirklich freundlich auf ihn. Wir sind halt einfach gut erzogen . Mittlerweile war ich dann auch wirklich in Stimmung und freute mich einfach nur noch riesig auf den Abend.
Als das Licht in der Halle ausging und das Intro begann, dehnten sich plötzlich die Sekunden bis zur Unendlichkeit. Noch nie ist mir ein Intro so unendlich lang vorgekommen. Dann endlich sah ich Herbert auf die Bühne huschen und unmittelbar danach begannen Armin und Mark mit diesen wunderbar minimalistischem ersten Takten von Sekundenglück.
Und dann war es wir immer – ein einziger Rausch . Natürlich kenne ich die Setlist – sie steht ja hier niedergeschrieben – und natürlich habe ich jedes einzelne Lied mit allen Fasern in mich aufgenommen. Nur kann ich mich kaum mehr daran erinnern. Es gibt nur noch Fragmente – Bruchstücke in meinem Kopf. Dieser Konzertbericht verliert jetzt also seinen minutiösen Stil – auch wenn es doch jetzt erst wirklich spannend wird. Aber während des Konzerts kommt doch tatsächlich ein großer Teil meiner Rationalität abhanden – trägt mich die Musik zu fernen Orten zu denen mir sonst der Zutritt verwehrt ist. Ihr merkt, ich versuche Worte und Bilder dafür zu finden, um es begreifbar zu machen. Und doch gelingt es mir nicht diesen Zustand wirklich zu beschreiben.
Ich erinnere mich, dass Herbert „Bist Du da“ mit „Seid ihr noch da“ ankündigte und meine Nachbarin sofort stutzte und mir sagte „Seid ihr noch da“ hätte er diese Tour noch nicht gespielt. Es wurde dann auch „nur“ „Bist du da“, gefiel mir aber live wirklich direkt unglaublich gut. Das gilt übrigens für eigentlich alle Stücke. Sollte mir ein Lied nicht ganz so gut gefallen haben, werde ich es dann noch schreiben. Aber ich kann jetzt nicht immer neue Worte dafür finden, dass Tumult live wirklich viel Spaß macht!
Besonders schön fand ich das betreute Mitsingen bei „und immer". Jetzt habe ich endlich verstanden, was genau der Chor singt.
Dann kam mit „Kopf hoch, tanzen“ ein Überraschungsstück (für mich). Zu dem Stück habe ich eine ganz besondere Beziehung, weil ich gerade meinen Abschluss als Ingenieurin gemacht habe, als 12 erschien. Die Zeile „ist Ingenieursein nicht glamourös“ ist also quasi nur für mich geschrieben. Also ein kleines Highlight für mich.
Bei Bochum kam dann das erste Saxophonsolo des Abends. Ich war überrascht wie krank Frank aussieht – das hatte ich vorher gar nicht so auf dem Schirm. Bei jedem Gang auf und von der Bühne half ihm ein Assistent. Die Kraft reicht auch bei weitem nicht mehr so weit wie früher. Aber so herzerwärmend zu sehen, wie er sich (besonders später bei Alkohol) über jeden stark gespielten Part freute und wie viel Unterstützung für ihn der Rest der Band ausstrahlte. Ich bin froh, dass Frank dabei ist!
Dann dasselbe Medley wie schon bei der Dauernd Jetzt Tour. Damals war es überraschend und neu, jetzt nicht mehr so. Aber klagen will ich nicht darüber. Die drei Stücke müssen live gespielt werden – das ist einfach so. Und wenn man sie etwas verkürzt bleibt mehr Luft für andere Stücke. Das finde ich dann schon richtig und gut. Ich bin da immer hin- und hergerissen. Ich liebe Stephans Solo bei Vollmond, obwohl ich das Stück irgendwie immer nur durchschnittlich fand. Und die ersten Takte von Was soll das lösen auch Glücksgefühle aus- obwohl ich so viele Stücke lieber hören wollte. Ich muss der Wahrheit wohl ins Auge sehen. Ich liebe einfach alles, was diese Jungs spielen!
Bei „Mein Lebensstrahlen“ war Herbert dann endlich mal wieder auf der Hauptbühne. Ansonsten trieb er sich fast nur auf dem Steg herum, so dass ich ihn nur selten zu Gesicht bekommen habe. Die Freude währte auch nur kurz, da er sich im Lied schon wieder Richtung Stegende verabschiedete, wo mittlerweile ein Klavier stand. Ich habe an diesem ersten Abend also deutlich mehr Stephan zugejubelt als Herbert – aber das ist auch völlig okay so.
Beeindruckend war dann wieder „Fall der Fälle“. Nach Herberts Ansage „keinen Millimeter nach rechts“ gab es Applaus vom Publikum und auch die Ränge blieben stehen und klatschten zu Beginn begeistert mit. Das ist für ein so junges Stück wirklich ungewöhnlich.
Danach dann „Mensch“ wo mir auffiel, dass der Sicherheitsmann vor mir mitgesungen hat. Das hat mir dann ein Lächeln entlockt.
Mein Liebling „Bleibt alles anders“ ist nach wie vor dabei. Das muss ich jetzt schreiben, damit ihr nicht glaubt, dass ich die Titel zu denen ich nichts schreibe nicht mögen würde. Mein Kopf spuckt dazu einfach keine Erinnerung mehr aus (außer gigantische Glücksgefühle).
Das Ende mit Morgen dann wie immer viel zu früh für mich – für mich dürften sie ja nie aufhören zu spielen.
Dann der Zugabenteil mit „Der Weg“ als Tränengarant zu Beginn. Flugzeuge im Bauch in der Jazzversion die ich durchaus mag. Herberts Anmoderation, dass sie wegen des BER pro Ton 10 Euro kriegen würden und das Stück deshalb spielen müssten. Am Ende des Abends hätten sie dann 460 Euro (nicht ganz genau, Größenordnung stimmt aber) zusammen, das würde sich ja lohnen.
Herberts Kopfrechenkünste zeigten sich auch später als er von einer Umfrage scherzte, dass 5 % wegen der Musik kämen, 10 % wegen der Optik und 17 % wegen seiner unfassbaren Tanzkünste (Auch das nur so ungefähr). Es fehlten aber auf jeden Fall noch viele Zuschauer zu 100 %, aber der Rest kommt vielleicht einfach aus Gewohnheit .
Besonders schön die Zugabe „Moccaaugen“, dass Herbert als Wunsch von Günther (Lichttechniker?) anmoderierte. „Ihr könnt euch alle einfach was wünschen“ behauptete er kühn. Wenn das doch nur so einfach wäre. (Aber ich hätte ja auch immer noch einen und noch einen Wunsch und er dürfte nie von der Bühne gehen.) Herbert selber war allerdings unzufrieden mit Moccaaugen und sagte: „Nee, das war nix. Günther, das spielen wir nicht nochmal.“
Das Ende dann mit „Immerfort“ – ein angenehmer Schlusspunkt.
Völlig beseelt bin ich dann raus, um auf der Treppe nach oben zu merken, dass meine Beine mich kaum noch trugen. Die Nebenwirkung des Rauschs, der mich immer weiter peitscht und kein Ende kennen will. Oben ging es dann wieder und der Heimweg war kurz und problemlos. Nur schlafen konnte ich lange nicht – einfach völlig geflasht.

Am nächsten Tag hatte ich auch auf der Arbeit ein grenzdebiles Dauergrinsen zu bieten . Und so viel Vorfreude auf den zweiten Abend.
Auch der war schön, reichte aber lange nicht an den ersten heran. Herbert selber bemerkte zwar, dass die Stimmung in der Arena noch besser sei als am Vortag, aber leider nicht bei mir.
Denn schon am Einlass haben sie uns fürchterlich geärgert und unsere Tür erst 10 Minuten nach der auf der anderen Seite geöffnet . Das ist natürlich eine Ewigkeit für die Plätze im Innenraum. Ich hatte mir vorgenommen diesen Abend am Stegende zu verbringen, da Herbert ohnehin so oft hier zu sehen war. Als ich endlich rein kam, war bereits die gesamte erste Reihe zu, am Stegende auch schon die zweite. Und so ging ich in meine alte Ecke, hier kam ich in die zweite Reihe, das ist an und für sich voll okay für mich. Aber es nagt doch das Wissen, dass man mit einem ordentlichen Einlass noch besser hätte stehen können.
Und dann kamen noch zwei Grazien, die sich dreist nach vorne schoben. Sie kamen erst nach Berkan nach vorne und blieben dummerweise genau hinter mir stehen. Auch mein Protest konnte sie nicht zum Verschwinden bringen und die Menschen, denen die tatsächlich den Platz weg nahmen (sie standen ja hinter mir), sagten keinen Ton. Der Konzertgenuss wurde deshalb leider durch mehrere kommentierte Selfies getrübt. Überhaupt hatten die beiden viel zu besprechen, wenn ruhigere Titel liefen (Sie redeten viel und sagten wenig…). Natürlich habe ich sie weitgehend ausgeblendet, aber ganz gelingt das natürlich nicht. Besonders diese unreflektierte Arschigkeit. Nach „Stück vom Himmel“ äußerte Grazie 1: „Er hat so recht, warum sind wir nicht alle viel freundlicher?“ Vielleicht weil es so dumme, dämliche Grazien gibt, die sich ohne Rücksicht auf andere einen Vorteil verschaffen?

Das klingt jetzt aber so als wäre es ein schrecklicher Abend gewesen. Nein, es war ein schönes Konzert, an den ersten Abend konnte das Konzert damit aber nicht mehr heranreichen.

Über „Kinder an die Macht“ habe ich mich aber sehr gefreut, dass mir lieber war als „Mambo“. Nach Kinder an die Macht rief Herbert dann Stephan das nächste Lied zu, woraufhin dieser vom Steg zurück auf die Bühne stürzte, den anderen das Stück zurief und die Gitarre wechselte. Es wurde dann „Zur Nacht“, was dann doch sehr abrupt versuchte, die ausgelassene Partystimmung zu beruhigen. Nach „Immerfort“ schien es mir so, als würde Herbert mit sich kämpfen und doch noch ein Stück spielen wollen. Er sah wirklich hin- und hergerissen aus. Wenige Minuten später tauchte er dann ja auch im blauen Badematel noch einmal halb auf der Bühne auf, so als könne er es selber kaum fassen.

Es waren zwei sehr intensive Abende in Köln, ich bin wieder voll infiziert. Nächste Woche geht es in Dortmund für mich weiter. Hoffentlich wird’s da mindestens genauso schön.
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