Thema: Coldplay
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Alt 03.03.2009, 08:37   #14
Vollmondpetra
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AW: Coldplay

3. März 2009

Chris Martin: "Für uns war schon immer der Weg das Ziel !"

Bühnenzauber und die Macht der Suggestion: Die britische Band Coldplay verrät, warum sie so erfolgreich ist

Ihr aktuelles Album "Viva La Vida" wurde gerade mit knapp sieben Millionen weltweit verkauften Exemplaren offiziell zum bestverkauften Album des Jahres 2008 gekürt. Bei den Grammys wurden Coldplay mit drei Trophäen bedacht.

Im Juli startet die englische Band ihre allererste Stadiontournee, im Rahmen derer sie in Hannover, Düsseldorf und München den zweiten Teil ihrer "Viva La Vida"-Tour präsentieren wird. Mit Coldplay sprach Michael Loesl.
General-Anzeiger: Lastet gerade eine schwere Bürde auf Ihrer Band, weil Sie just zu den Superstars des letzten Jahres gekürt wurden?
Chris Martin: Ich will nicht arrogant klingen und natürlich freuen wir uns in Zeiten, in denen kaum noch jemand CDs kauft auch über sieben Millionen verkaufte Exemplare unseres aktuellen Albums.
Aber wenn die Rekorde und Awards eine Bürde für uns darstellten, würden wir sie überhöhen. Für uns war schon immer der Weg das Ziel und im Moment läuft der Motor unserer Band so geschmiert wie nie zuvor. Wir sind hungrig darauf, uns an unseren eigenen Maßstäben zu verbessern.
GA: Wie sehen die konkret aus?
Jonny Buckland: Sich nicht mit dem zufrieden zu geben, was man in kreativer Hinsicht geschaffen hat.
GA: Sie galten bislang nicht als besonders aufregende Bühnenakteure. Was hat den zunehmende Unterhaltungswert Ihrer Band während der letzten Tour bewirkt?
Martin: Frank Zappa sagte mal, dass man als Künstler ein gesittetes Privatleben führen solle, um in seiner Arbeit wild und extremistisch agieren zu können. Er hatte vermutlich absolut recht, denn in den ersten Jahren unserer Karriere waren wir auf der Bühne ein wenig zu gesittet.
Jetzt, da wir alle Kinder haben, macht das Ausleben der Extreme auf der Bühne viel mehr Sinn und Spaß. Man strebt halt immer nach dem, was man gerade nicht hat. Zuviel Heimeligkeit im Privaten führt zu Ausbruchsversuchen, was unserer Musik und unserer Präsentation auf der Bühne offenbar zuträglich ist.
GA: Manifestiert sich demnach in den porträtierten Rockstar-Klischees in Ihrem Video zur neuen Single "Life In Technicolor II" eine geheime Sehnsucht?
Martin: Warten Sie ab, bis sie unsere Konzerte im Sommer erleben können! Nein, ich scherze nur, aber Coldplay wird nach unserer Sommertour sicher noch mal anders wahrgenommen werden.
Andererseits ist es doch besser, die eigene zerstörerische Kraft in einem Video als im normalen Leben auszuleben, oder? Warum hätten wir sonst wohl einen Helikopter Fenster zerstören lassen?
GA: Setzt das Bewusstsein des eigenen Alterungsprozesses bei Ihnen Energien frei?
Martin: Als Sekundärfolge auf jeden Fall. Wir haben das Alter hinter uns gelassen, in dem wir vor allem cool rüberkommen wollten, was wiederum die Energie respektive den Mut freigesetzt hat, sich jetzt auf der Bühne und in den eigenen Songs viel organischer, authentischer präsentieren zu können, was sehr absurd werden kann.
GA: Warum wollten Sie denn überhaupt ursprünglich als coole Band gelten?
Martin: Vergessen Sie nicht, dass wir Engländer sind! Wir schämen uns regelrecht für alles, was dem wirklich freien Ausdruck eines Individuums entspricht.
Wir mussten diesen angeborenen Habitus erst mal ablegen, bevor wir als Privatmenschen und Künstler wir selbst sein konnten. Wobei unser neues Selbstbewusstsein eher in unseren bunten Bühnenklamotten als in uns selbst steckt.
GA: Die Bühnenuniformen sind also eine Art Maske, durch die Sie ein höheres Maß an Authentizität gewinnen?
Buckland: Ganz sicher sogar. Masken erlauben einem immer das zu sein, was man entweder sein möchte oder ist, wenn man es unmaskiert nicht ausleben kann. Vermutlich sind wir, wie viele andere auch, ziemlich gehemmte Typen.
Martin: Die Uniformen sind auch eine Aufforderung an die Leute, die wenig Geld haben, sich selbst etwas zu schaffen, mehr Selbstrespekt beispielsweise, um damit eine Art Bewegung in Gang zu setzen, die der momentanen weltweiten Krise trotzt.
GA: Ist das angesichts Ihrer vielen Millionen nicht eine leicht zynische Aufforderung?
Martin: Geld zu haben bedeutet nicht automatisch, das Recht auf den Wunsch nach einem empathischen Miteinander bei seinem Bankier abgeben zu müssen.
Ich sage ja auch nicht, dass jeder danach streben soll reich zu sein und kann vielleicht an dieser Stelle als Zwischenergebnis mitteilen, dass ich jetzt, nach zehn Jahren erfolgreicher Musikerkarriere, wenn überhaupt, nicht glücklicher bin als vorher.
Die Bewegung, die uns vorstrebt, trotzt den turbokapitalistischen Auffassungen von teuren Warengütern als äußerliches Bekenntnis zur Zugehörigkeit zu bestimmten gesellschaftlichen Klassen. Was denken Sie wohl warum der Song "Viva La Vida" ein so großer Erfolg geworden ist?
GA: Weil er bei Ihren Konzerten mehr als jeder andere Ihrer Songs eine Einheit schafft?
Martin: Exakt. Die meisten von uns denken, dass es da draußen irgendwo eine Mehrheit gibt, zu der sich der Einzelne nicht zugehörig fühlt, nur weil sich viele von uns bestimmte Etiketten nicht leisten können.
Es gibt diese Mehrheit gar nicht und wenn doch, dann besteht sie aus lauter Menschen, die sich nicht zugehörig fühlen. Ein Song wie "Viva La Vida" schafft tatsächlich ein Zugehörigkeitsgefühl.
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