Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 14.06.2009, 01:38   #20
Vollmondpetra
JEDER für JEDEN
 
Benutzerbild von Vollmondpetra
 
Registriert seit: 19.09.2008
Ort: irgendwo
Beiträge: 1.967
Vollmondpetra ist ein wunderbarer AnblickVollmondpetra ist ein wunderbarer AnblickVollmondpetra ist ein wunderbarer AnblickVollmondpetra ist ein wunderbarer AnblickVollmondpetra ist ein wunderbarer AnblickVollmondpetra ist ein wunderbarer Anblick
AW: Schmetterlinge im Eis

Ein paar Gedanken zu *Schmetterlinge im Eis*
*Das Glück ist ein Schmetterling.
Jag ihm nach, und er entwischt dir.
Setz dich hin, und er lässt sich auf deiner Schulter nieder*… (Anthony de Mello)

-- Ein Blick in die Vergangenheit mit vielen Erinnerungen an eine gute Zeit, Verzweiflung und Traurigkeit spiegeln sich in diesem wunderbaren Lied, das durch die Orchesterbegleitung 2000 in Hannover noch an Tiefgang und musikalischer Fülle dazugewonnen hat…das berühmte *i –Tüpfelchen*, wie man so schön sagt…--
keine Frage, auch ohne Orchester ist der Song wahnsinnig gut.
Und der Text? Wirklich einmalig --, bei dem man sich ruhig mal länger aufhalten darf.
Ein Sinnbild jagt das andere. Ich komme jedesmal von Neuem ins Staunen, wenn ich die Sätze ganz ruhig auf mich wirken lasse.
So merkwürdig es klingen mag, zu diesem nachdenklichen Titel kommt mir spontan die Insel Grönland in den Sinn, -- ca. sechsmal so groß wie unser Land. --
Vor mehr als 500 000 Jahren soll sie eine herrliche Insel mit Wäldern, Blumen und Schmetterlingen gewesen sein. Forscher der Uni Kopenhagen fanden im grönländischen Eis Erbmaterial von Tieren und Pflanzen, die vor X Jahren gelebt haben. So konnte man der Evolution in die Karten schauen. Dabei stellte sich heraus, dass die eisige Insel richtig idyllisch ausgesehen haben muss (kann man im Magazin *Science* nachlesen). Wann genau die längst verschwundenen Schmetterlinge lebten, konnten die Forscher bis heute nicht genau feststellen, denn sehr altes Eis lässt sich schwer datieren. Bei Bäumen ist das relativ einfacher zu erkunden. Da müssten die oben angegebenen Jahre in etwa stimmen. Aber ich schweife vom Thema ab, obwohl so ein “Ausreißer“ manchmal irgendwo auch gut tut…
>Sonne, Leichtigkeit, Unbeschwertheit, Optimismus, Glück – ganz einfach Lebensfreude pur<…das bedeuten Schmetterlinge für mich –

*Aber der Schmetterling ist auch ein Sinnbild der Unsterblichkeit der Seele und ihrer ewigen Verjüngung.* (Heinrich Heine)

Und *Schmetterlinge im Eis* ?
Manchmal gibt es Situationen, da schaut man sehr besonnen, oder auch sehr wehmütig auf Vergangenes zurück, - lässt die Zeit Revue passieren, - denkt vielleicht an einen Menschen, der einen so leidend zurückgelassen hat. Man beginnt zu grübeln, was man hätte besser machen können. Selbstvorwürfe stellen sich ein, die permanent am Innersten nagen.
Man kreidet sich selbst an, wie bequem, wie ausbeuterisch, wie egoistisch man vielleicht gewesen war.
Ein schreckliches, abstürzendes Gefühl, das man nicht einfach mit einem Fingerschnipsen verdrängen kann, macht sich breit – bei allem was man denkt und tut.

Hab dir viel aufgehalst…Auf dir abgestellt…Dein Herz umgedreht…Deine Nerven zerrissen…Dein Stehvermögen ausgereizt…Dich angezählt…Deinen guten Willen zum Stehkragen aufgepumpt…Deinen Blick unendlich getrübt…Dir Übermenschliches abverlangt…

…man spürt das lähmende Gefühl, die Machtlosigkeit…die *Schmetterlinge im Eis*…die Sehnsucht nach dem was war…dem Vergangenen, das so viel an Bedeutung hatte…
Furchtbare Vorstellung, wenn man meint, an dem Punkt angekommen zu sein, an dem es nicht mehr weiterzugehen scheint. Ein unendlicher Tunnel tut sich auf, in dem man kein Licht am Ende sieht. Gedanken und Bilder gehen einem durch den Kopf… >Blindes Verstehen< >immer füreinander da sein< >Liebe des Lebens< >es wird nie mehr so sein<
Immer wieder aufs Neue machen sich Vorwürfe breit, -- wie: unterlassene Unterstützung, versäumte Zuwendung, --- einfach nur ZEIT, die man nicht hatte –.
Und zur Wiedergutmachung besteht keine Möglichkeit mehr. Machtlos, erschöpft und voll von Trauer versucht man sich einfach auszuklinken – wegzudenken.
…der Wunsch vom Einschlafen, um nie mehr aufzuwachen schwirrt einem durch den Kopf. Ob das eine Lösung ist? -- Nein, ich denke nicht!
Hier ein paar Zeilen aus dem Lied “Since I Lost You“ von Phil Collins:

Es scheint im Moment, als zerbräche deine ganze Welt.
Sie verschwindet einfach, wie ein morgendlicher Traum.
So wie Staub aus deiner Hand auf den Boden fällt.
Wie soll das Leben je wieder sein wie vorher?
Es ist zu einfach, - so vieles selbstverständlich zu finden,
Aber es ist zu schwer, es in Worte zu fassen.
Wie eine Sandburg, die die Flut wegspült -.
Wie kann es je wieder so sein wie vorher -.
Mein Herz ist zerbrochen, seit ich dich verlor -.
(Er schrieb dieses Lied nach dem Unfalltod des Sohnes von Eric Clapton)

Einfach da weiter zu machen, wo man aufgehört hat, das wird wohl nicht möglich sein --. Aber es gibt gute Freunde -, Freunde, die einem zuhören -, einen in den Arm nehmen -, einen auffangen -, beruhigen -,
die es einem nicht verübeln, wenn man im Selbstmitleid schwimmt und sich ständig fragt >warum gerade du< >warum gerade mir< >warum gerade jetzt<

*Ich brauch dich zurück zum Überleben – deine Schmetterlinge im Eis*

…doch, wenn diese Schmetterlinge im Eis liegen, -- eingefroren sind? Ob es da ein Auftauen gibt? Kann die Lebendigkeit zurückkommen?
Irgendwann? - Ich denke schon, - in Grönland wahrscheinlich nicht, aber bei den symbolischen Schmetterlingen in Herberts Lied…
Man sagt auch, die Zeit würde Wunden heilen -. Ich denke mal das stimmt schon zum Teil. Es bleiben zwar Narben zurück, aber damit lässt es sich *mit der Zeit* einigermaßen leben.
Hier ist noch einmal ein Teil der herrlichen Vergleiche (Metapher), die Herbert in seinem Lied so genial eingesetzt hat…
Keiner weint meine Tränen…Keiner leidet…Keiner übernimmt meinen Bann…Keiner macht ungeschehen…Fängt für mich von vorn an…Keiner löst meine Schlinge…Setzt mein Urteil aus…Keiner besticht den Henker…Löst mich auf dem Alptraum heraus…Keiner ändert das Drehbuch…Keiner setzt den Film ab…Keiner betet für mich…Keiner, der mir deine Meinung sagt…Keiner verrät mir das Codewort…Gibt mir deinen Aufenthaltsort preis…Treib auf einem einsamen Berg…Brauch deine Schmetterlinge im Eis
In Herberts Texten zu versinken, - ein bisschen zu verweilen, - nachzudenken, - kann so schön sein -
*Wir sahen Schmetterlinge, wir standen unterm silbernen Wasserfall, wir sahen alles, wir hielten die Muschel ans Ohr, wir hörten das Meer, wir hatten einfach ZEIT*… (Max Frisch)
__________________

Vollmondpetra ist offline   Mit Zitat antworten