Herbert Grönemeyer Forum

Herbert Grönemeyer Forum (http://www.letzte-version.de/forum/index.php)
-   Von User zu User (http://www.letzte-version.de/forum/forumdisplay.php?f=13)
-   -   Häusliche Gewalt (http://www.letzte-version.de/forum/showthread.php?t=2219)

jona 02.11.2004 17:31

Häusliche Gewalt
 
Ich habe ein Problem, oder besser gesagt, jemand aus meiner Klasse.
Er ist eher so der Außenseiter, da er keine "coolen" Klamotten hat und auch so nich so "in" ist. Ich kann ihn aber gut leiden, er ist ganz in Ordnung.

Gestern hat er den ganzen Tag geschwänzt, er saß nur im I-café. Nach dem Unterricht saß er immer noch, bis ihn eine Lehrerin ins Chemiekapuff geholt hat. Bevor er dahin gegangen ist, hat man ihn noch gefragt, warum er den hoch müsse. Er hob nur sein Hemd, der ganze Rücken war voller Striemen(ich nehm mal an, Gürtel) und seine Hüfte war total blau, voller Blutergüsse. Ich weiß, dass das von seinem Stiefvater ist, der echt ein Bulle von Mann ist. Heute kam er dann nicht in die Schule, seine Eltern haben ihn auch nict entschuldigt.
Als ich ihn vorhin anrufen wollte, ging seine Mutter ran, die zischte mich nur an, dass ich ihn im Moment nicht sprechen könne. Ich mache mir echt sorgen um ihn und wir 3 aus der Klasse, die ihn leiden können, wissen nicht, was wir machen sollen. Wir halten es auch nicht für ausgeschlossen, dass sein Vater ihn oder er sich selbst umbringt.

Wie soll man in so einer Situation reagieren? Wegschauen oder sich unberechtigt einmischen?

Ich würde gern mal eure Meinung dazu hören.

NIN 02.11.2004 18:44

AW: Häusliche Gewalt
 
(un)berechtigt einmischen natürlich! also das sollte wirklich die courage eines jeden sein, wenn er eine misshandelte person sieht, kennt (oder was auch immer) - dass man ihr hilft. dass er sich nicht von alleine hilft, wird schon klar sein.

an deiner stelle würd ich mich mal mit einer netten lehrerin oder einem netten lehrer in kontakt setzen und mit ihr/ihm die sache mal besprechen.

hier gabs auch vor einiger zeit ein fall, wo ein mädchen 15jahre lang von ihrem vater und onkel missbraucht wurde (zigarretten auf der haut ausdrücken inklusive). ihr konnte nur geholfen werden, weil sich 3 schülerinnen an die lehrkraft gewandt haben (welche sie sogar aufgenommen hat).


also, ich würd mal sagen - wegschauen ist prinziepiell das falsche.

Adam 02.11.2004 19:08

AW: Häusliche Gewalt
 
Oder mal zunächt vielleicht anonym beim Jugendamt um Rat fragen, wen man am besten wie und wo informiert. Viel Erfolg!

jona 04.11.2004 22:54

AW: Häusliche Gewalt
 
also, das problem ist gelöst: er und seine schwester sind im heim und die eltern bei der psycho-tante.

eigentlich sagt man ja immer, man würde handeln und nich wegschauen, aber wenn es dann mal so weit is, dass man vor der entscheidung steht ist es doch nich so einfach, wie man es sich sagt.

Herbi_Fangirl1988@berlin 05.11.2004 18:18

AW: Häusliche Gewalt
 
Erstmal finde ich sowas über schrecklich, vor allem, wenn die Kinder noch Jünger sind. Jona, ich kann mir vorstellen, wie dich die Sache mitgenommen hat und du überlegt hast, was du am Besten machst. Ich war neulich auch in so einer ähnlichen Situation. Ich hatte Abends auf einem Parkplatz auf meine Freundin gewartet. Als ich so in die beleuchteten Fenster sah, sah ich, wie mehrere Araber sich schlugen.Der eine schlug mit einem Gegenstand auf ein etwa 2 oder 3 Jahre altes Kind. Dann sperrte er es auf den Balkon. Es blutete am Kopf und schrie panisch nach Hilfe und der Polizei. Die Andreren schlugen sich weiter. Schließlich lag einer auf dem Boden. Die drei Anderen hörten aber nicht auf und schlugen und traten weiter auf ihn ein. Während sich diese Szene abspielte, kam meine Freunin hinzu. Wir riefen natürlich die Polizei. Die kam auch nach drei Minuten. Diese drei Minuten waren einfach grausam. Wir staden da und wussten nicht, wie wir noch helfen könnten.Als die Polizei kam, sind wir schnell gegangen, damit keiner von den Schlägern erfährt, wer die Polizei gerufen hat. Als wir dann bei mir zu Hause waren, riefen wir nochmal an und fragten nach, ob die auch nicht erfahren, wer die Polizei gerufen hat.
Ich hoffe, das es deinem Schulfreund jetzt besser geht.

Steffi_84 06.11.2004 17:57

AW: Häusliche Gewalt
 
Zitat:

Zitat von Herbi_Fangirl1988@berlin
Der eine schlug mit einem Gegenstand auf ein etwa 2 oder 3 Jahre altes Kind. ... Es blutete am Kopf und schrie panisch nach Hilfe und der Polizei.

:shock: also in dem alter hätte ich als erstes nach meiner mama gerufen und nicht nach der polizei....

Herbi_Fangirl1988@berlin 07.11.2004 20:03

AW: Häusliche Gewalt
 
Sollte ich vielleicht wegrennen? Es war ja schon schlimm genug, dass ich nicht mehr tun konnte. Wäre ich groß und stark, wäre ich hochgerannt, hätte den Kleinen gerettet und hätte den Anderen eine rein gehauen und hätte sie zusammen geschrien.Aber bei meiner Größe und meinen Gewicht?

h2otto 07.11.2004 21:13

AW: Häusliche Gewalt
 
Als einfach ganz entscheidend finde ich, dass man generell nicht wegschaut. Es gibt immer jemanden, den man informieren und um Rat fragen kann. Egal ob Lehrer, Jugendamt, Polizei oder wer auch immer. Man muss sich nur vorstellen, einem selber würde sowas passieren, dann wäre sicher auch jeder froh, wenn - egal woher - Hilfe käme. Klar möchte man dann auch sofort und gleich helfen, was leider nicht immer so schnurstracks geht. Aber vielleicht kann man seine eigene Hilflosigkeit auch etwas "besiegen", wenn man - je nachdem wie die Situation gerade ist - versucht dem "Opfer" zu signalisieren, dass man helfen möchte und das auch versucht.

grönländerin 08.11.2004 14:25

AW: Häusliche Gewalt
 
wenn das nicht so schnell genagen wäre, hätte ich auch lehrer, jugendamt eingeschaltet, dass der junge irgendwo nen platz findet, dass er da weg kann.

ein sehr lieber und sehr wichtiger mensch in meinem leben wurde früher als kind von seiner alk-kranken mutter geprügelt, bei der er allein aufwuchs nach trennung seiner eltern. er hat da auch eniges mitgemacht /striemen auf dem rücken von gürtel etc., blau geschlagen mit kochlöffeln, handfegern... über seine obere lippe geht heute noch quer ein feiner riß. als ich ihn mal darauf ansprach, meinte er, seine mutter hätte ihm mit 11 jahren eine kaffeekanne aus prozellan ins gesicht geschleudert, die seine obere lippe durchtrennte... daraufhin ist er (weil sie betrunken war) noch allein zum krankenhaus mit einer ausgedachten geschichte mit kopf, wie das wohl passiert sei. er meinte noch, dass der arzt ihm das wohl nicht so richtig glauben hat mögen, dennoch hat er nichts gesagt -dabei hätte er es wissen müssen (meinte er) als ihn später seine immer noch betrunkene mutter abholte.

schulprobleme hatte er auch. weil seine mutter oft nächte mit männern durchzechte u. parties in ihrer wohnung veranstaltete, kam er oft nicht zu schlafen. er konnte sich auf nichts mehr konzentrieren. in der schule lästerte man über ihn, weil er mit seiner mutter in einer sozialwohnung wohnte, weil er der einzige aus der klasse war, der von der sozialhilfe lebte.
so ist er irgendwann in den unteren klassen auf dem gymnasium sitzen geblieben. seine lehrer haben damals aber auch nicht geschnallt, was wirklich für eine geschichte dahinter steckte.

so ging das bis zu seinem auszug.

er hat dann später auch ne therapie gemacht wegen der geschichte ( u.a. auch wegen auftauchenden depressionen, dazu kamen ein paar "drogenexperimente").
ebenso hat sich bei seiner mutter was zum besseren verändert.

nach 28 jahren haben sich die beiden das erste mal in ihrem leben umarmt (es ging von ihm aus; seine mutter hatte ihr leben lang probleme damit; macht sich heute, nachdem sie trocken ist, sehr große vorwürfe wg allem). die beiden haben heute ein recht ausgeglichenes verhältnis zueinander. er steht auch vollkommen über den dingen, die damals passiert sind. ist kein thema mehr mittlerweile.


und er ist sowieso ein sensibler mensch. ich schätze ihn sehr, weil er sich dessen bewußt ist, daß nichts selbstverständlich ist im leben.

grönländerin 08.11.2004 14:48

AW: Häusliche Gewalt
 
Zitat:

Zitat von jona
....eigentlich sagt man ja immer, man würde handeln und nich wegschauen, aber wenn es dann mal so weit is, dass man vor der entscheidung steht ist es doch nich so einfach, wie man es sich sagt.

ich glaub noch ne ecke schwerer ist es in den meisten fällen für die betroffenen selbst. als kind ist man geneigt, seinen eltern zu schnell u. zu oft zu verzeihen od. (vor allem, wenn man noch kleiner ist) zu denken, dass es so sein *müsste*.

Danyflower 08.11.2004 18:49

AW: Häusliche Gewalt
 
Da hast du recht :confused2
Ich stelle beim Arbeiten auch immer wieder fest, dass es wirklich entweder so ist, dass die Kinder ihren Eltern Gewalt sehr schnell verzeihen; ich habe auch Kinder erlebt, die von ihren Eltern im Viereck rumgeprügelt wurden und diese trotzdem lieben und bei ihnen bleiben wollen (bedingt durch angeborenes Urvertrauen etc. *klugscheiß* :mrgreen: ).
Manchmal sehr heavy, was man so mitkriegt bei der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen :crying:
Ich vergess nie einen Achtjährigen, der mir nach langer Zeit irgendwann erzählt hat, wie er und seine Schwester immer die Hose runterziehen mussten, im Kreis rennen und Mama und Papa haben mit dem Kochlöffel zugeschlagen... :cry:

Privat musste ich Gott sei Dank noch nie miterleben, dass jemand mißhandelt wird. Von daher kann ich nicht 100% sagen, wie ich mich in der Situation verhalten würde. Vielleicht hängt es auch davon ab, wie nahe einem der/die Betroffene steht. Aber ich wage mal zu behaupten, dass ich auf keinen Fall wegschauen würde, vielleicht nicht selber eingreifen aber wenigstens entsprechende Hilfestellen hinzuziehen.

jona 08.11.2004 21:27

AW: Häusliche Gewalt
 
@ grönländerin: du hast recht, man verzeiht seinen eltern als kind sehr oder sogar zu schnell. wenn ich jetzt(wo ich mit 15 ja auch fast noch kind bin:)) an früher denke...ich könnte da so einiges meinem vater und besonders meiner mutter nicht verzeihen.:x..nur um deine theorie zu bestätigen;)


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 16:37 Uhr.

Powered by vBulletin® Version 3.7.1 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, Jelsoft Enterprises Ltd.